„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*26.3.1920 (Stuttgart) | † 22.4.2010 (Benediktbeuren)

Ilse Wellhäuser

Ilse Wellhäuser, Fotografie aus der Haftkartei, Barch MfS, G-SKS 600 104

Wegen Spionage verurteilt


Ilse Wellhäuser wuchs als einziges Kind des Ehepaares Katharina und Rudolf Banzhaff in Stuttgart auf. Sie besuchte die Grundschule und legte nach dem Umzug der Familie 1933 nach Tübingen dort drei Jahre später das Abitur ab. Ihr Vater war seit Gründung Mitglied der KPD. Nach einer kaufmännischen Ausbildung arbeitete Ilse Banzhaff als Sekretärin in einer Papierfabrik. 1942 heiratete sie den Studenten Anton Wellhäuser. Die Ehe blieb kinderlos. Ilse Wellhäuser absolvierte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine Ausbildung zur Journalistin und war als Redakteurin, Korrespondentin und Lektorin für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften tätig. Parallel dazu schrieb sie sich als Gasthörerin für drei Semester in den Fächern Literatur und Kunstgeschichte an der Universität Tübingen ein. Mit dem Inkrafttreten der Währungsreform am 20. Juni 1948 nahm sie eine Stelle als Sekretärin in einem Arzneimittelwerk in Rottenburg am Neckar an. Seit 18. März 1946 war sie Mitglied der KPD.

Am 19. September 1948 wurde Ilse Wellhäuser in Leipzig von sowjetischen Sicherheitsorganen verhaftet. Die Umstände sowie der Grund für die Verhaftung sind derzeit nicht bekannt. Möglicherweise besuchte Ilse Wellhäuser die Herbstmesse in Leipzig. Sie wurde zunächst in ein Leipziger Gefängnis der sowjetischen Geheimpolizei eingeliefert, später kam sie von dort nach Dresden. Nach knapp zwei Monaten Untersuchungshaft verurteilte das Militärtribunal des Landes Sachsen Ilse Wellhäuser am 17. November 1948 in Dresden auf der Grundlage von Artikel 58-6, Abschnitt 1 des StGB der RSFSR zu 25 Jahren Haft in einem „Besserungsarbeitslager“.

Die Haftstrafe verbüßte sie in den Speziallagern Bautzen und Sachsenhausen sowie in der DDR-Strafvollzugsanstalt Hoheneck. Insgesamt fünf Mal wurde sie wegen gesundheitlicher Probleme in das Haftkrankenhaus Leipzig-Klein Meusdorf überstellt. Eine Nierenoperation wurde notwendig und war lebensrettend. Am 7. August 1956 wurde sie nach Metzingen (Baden-Württemberg) entlassen. Zwei Jahre später ehelichte sie Eugen Schönberg. Sie verstarb am 22. April 2010 in Benediktbeuren.

Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Ilse Wellhäuser am 15. Januar 2003 als Opfer politischer Repressionen.

Weitere Dokumente

Hinweis: Für eine weitergehende Nutzung, zum Beispiel für eine Veröffentlichung, bedarf es der Zustimmung der Dokumentationsstelle Dresden. Bitte kontaktieren Sie uns dazu.

Quellen

  • BArch Berlin, DO1/3612 Juni55
  • BArch, MfS, G-SKS 600 104
  • BArch, MfS, MfS, BV Leipzig, AST, I-AR 447/56
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 7u/K-513765
  • Staatsarchiv Chemnitz (SächsStA-C), 30461, StVA Hoheneck, Gefangenenkartei
  • Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF), f. 9409, op. 1, d. 458