*5.3.1926 (Auerbach) | † 21.5.1952 (Moskau (Gefängnis Butyrskaja))
Lothar Göhring
Als Leiter einer KgU-Widerstandsgruppe im Vogtland in Moskau erschossen
Lothar Göhring stammte aus einer Angestelltenfamilie. Am 22. April 1944 wurde er in die NSDAP aufgenommen. Während des Zweiten Weltkrieges diente er als Unteroffizier in der Wehrmacht. Nach dem Ende des Krieges trat er in die LDP ein. Der verheiratete Vater von zwei Kindern arbeitete als Lehrer an der Fachschule für Musikinstrumentenbau in Klingenthal.
Dort verfasste und verbreitete er mit Mitstreitern aus seinem Freundes- und Bekanntenkreis antikommunistische Plakate und brachte diese an markanten Stellen in der Stadt an. Im April 1951 fuhren Göhring und zwei weitere Mitglieder der Gruppe nach West-Berlin, um Lehrbücher zu kaufen. Auf Bitten einer Nachbarin von Göhring, deren Ehemann 1945 verhaftet und verschleppt worden war, nahmen sie während dieses Aufenthaltes Kontakt zur KgU auf, um mehr über den Vermissten in Erfahrung zu bringen. Dabei erklärten sie sich zur Zusammenarbeit mit der KgU bereit und wurden von dieser fortan unter dem Decknamen „Ingo“ geführt. Nach KgU-Unterlagen übergab die Gruppe im Verlauf der Zusammenarbeit Informationen und Dokumente über die Wismut sowie einen Film mit Werkszeichnungen des SAG-Betriebes „PRAEWAK“, eines früheren kleinen Rüstungsbetriebes. Außerdem sollen Mitglieder der Gruppe geplant haben, einen Funksender zu bauen. Von der KgU erhielt die Gruppe nach Angaben eines ihrer Mitglieder neben Propagandamaterial (zum Beispiel Handzettel mit dem Großbuchstaben „F“) auch Phosphorampullen zur Vernichtung von Plakaten und Transparenten.
Am Morgen des 19. September 1951 wurde Lothar Göhring, der als Kopf der Gruppe galt, aufgrund des Verrats von früheren Mitarbeitern der KgU in Leuba durch Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit verhaftet und anschließend in das MGB-Gefängnis Dresden Bautzner Straße überführt. Nach knapp fünfmonatiger Untersuchungshaft verurteilte ihn das Militärtribunal der Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland (Feldpostnummer 48240) dort am 18. Februar 1952 auf der Grundlage von Artikel 58-6, Abschnitt 1, Artikel 58-10, Abschnitt 2 und Artikel 58-11 des StGB der RSFSR zum Tode durch Erschießen. Zu den insgesamt sechs Mitverurteilten gehörte auch sein Vater Arno.
Göhring wurde, neben der Gründung der Untergrundgruppe, die Verbreitung von antidemokratischen Plakaten und Flugblättern, die Übergabe von Produktionszeichnungen, die Übermittlung von Informationen über deutsche Polizisten und Truppenteile der Roten Armee sowie die Weitergabe von Namen von Personen, die mit den politischen Verhältnissen in der DDR unzufrieden waren, vorgeworfen. In seinem Gnadengesuch nannte Lothar Göhring als Motiv für die Zusammenarbeit mit der KgU seinen Wunsch nach einer deutschen Wiedervereinigung. Terror- und Sabotageakte habe er abgelehnt.
Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR lehnte seine Begnadigung am 17. Mai 1952 ab. Das Todesurteil wurde vier Tage später im Moskauer Butyrka-Gefängnis vollstreckt. Ein Massengrab auf dem Friedhof Donskoje in Moskau wurde zur letzten Ruhestätte. Die Angehörigen erhielten im Januar 1961 über das Rote Kreuz der UdSSR die Mitteilung, dass Lothar Göring 1952 wegen Spionage zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde.
Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Lothar Göhring am 18. Mai 1993 als Opfer politischer Repressionen.
Weitere Dokumente
- Urteil des Militärtribunals der Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland (Feldpostnummer 48240) gegen Lothar Göhring und andere, Dresden, 18. Februar 1952, Zentralarchiv des FSB
- Lothar Göhring, Rehabilitierungsbescheid, Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 18. Mai 1993
- Biografie, Digitales Totenbuch: Donskoje 1950-1953, Facts & Files
Quellen
- BArch Berlin, R 9361-IX KARTEI/11301494
- BArch Koblenz, B 289, SA 482/220-171/18/1; B 289, OA 404/28
- Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, Suw-6164-52
- Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF), f. 7523, op. 76a, d. 90, l. 148-167
Veröffentlichungen
- "Erschossen in Moskau ..." Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950-1953, hrsg. von Arsenij Roginskij, Frank Drauschke und Anna Kaminsky, 3. Auflage, Berlin 2008, S. 199
- Enrico Heitzer, "Affäre Walter". Die vergessene Verhaftungswelle, Berlin 2008, S. 105 f
- Jörg Rudolph/Frank Drauschke/Alexander Sachse, Hingerichtet in Moskau. Opfer des Stalinismus aus Sachsen 1950 bis 1953, Leipzig 2007, S. 101