Minlag (Inta)
Das Minlag war eines der Sonderlager des Innenministeriums der UdSSR (MWD), in denen hauptsächlich politische Gefangene inhaftiert wurden. Es bestand von Februar 1948 bis März 1957 im Nordosten des europäischen Teils der UdSSR und hatte seinen Verwaltungssitz in Inta. Das Lager spielte eine zentrale Rolle für die wirtschaftliche Nutzung der Region. Die Häftlinge wurden hauptsächlich im Bergbau und im Bauwesen eingesetzt.
Entwicklung des Lagerkomplexes
Die Sonderlager der UdSSR waren ein 1948 geschaffenes System von Gulag-Lagern zur Unterbringung politischer Häftlinge. Mit Erlass Nr. 00219 des MWD vom 28. Februar 1948 wurde die Errichtung von fünf Sonderlagern mit einer Kapazität von bis zu 100 000 Personen angeordnet. In den folgenden Jahren wurde die Zahl der Lager auf zwölf erhöht. Das Sonderlager Nr. 1 wurde im nordöstlichen Teil der Komi-Republik der UdSSR in der Waldtundra westlich des Uralgebirges eingerichtet. Die Lagerverwaltung befand sich in der Ortschaft Inta, die 1940 als Basis für eine Expedition zur Planung von Bergwerken gegründet worden war. Im Zuge der Entwicklung des Lagersystems entstanden mehrere Siedlungen rund um die Schächte nahe Inta, und die Ortschaft erhielt 1954 den Status einer Stadt. Das Gebiet, in dem sich das Lager befand, gehört zu den Regionen des hohen Nordens mit kontinentalem Klima. Dieses ist gekennzeichnet durch lange, strenge Winter mit stabiler Schneedecke und kühle, feuchte Sommer.
Das Minlag entstand aus den Strukturen des Inta-ITL (Besserungs- und Arbeitslager), das sich bereits seit November 1941 in Inta befand und für die Kohleförderung in der Region zuständig war. Das Inta-ITL spezialisierte sich auf die Erschließung des Kohlevorkommens in Inta, auf geologische Erkundung, den Bau der Kraftwerke, auf Landwirtschaft und Holzeinschlag. Nach dem Beschluss des Innenministeriums vom 30. Oktober 1948 wurden alle Unterabteilungen des aufgelösten Inta-ITL in das neue Sonderlager überführt. Am 10. Mai 1948 erhielt es den Tarnnamen „Mineralnij“ – Minerallager.
Der Lagerkomplex bestand hauptsächlich aus Lagerabteilungen, in denen sich zwischen 800 und 3 000 Häftlinge aufhalten konnten. Jede Abteilung hatte ihre eigene Verwaltung, außerdem wurden dort Abteilungen des MGB eingerichtet, um die Häftlinge allgemein zu überwachen. Das Gebiet in jeder der Abteilungen war in Wohn- und Nichtwohnbereiche unterteilt, die durch einen hohen Zaun mit Stacheldraht voneinander getrennt waren. Im Wohnbereich befanden sich zwei bis drei Baracken pro Abschnitt für 100 bis 200 Personen. Die Fenster waren mit Gittern versehen und konnten nicht geöffnet werden, nachts wurden die Baracken verschlossen.
Die Lagerabteilungen befanden sich meist in der Nähe von Bergwerken und waren 3 bis 5 km von der Verwaltung entfernt. Die am weitesten entfernten waren die von Koschym (60 km von Inta entfernt), Abes (100 km) und Schtschugor (450 km von Inta entfernt in der Siedlung Jedschid-Kyrta).
Die Siedlung Abes, in der sich eine Abteilung des Minlag befand, gehörte ursprünglich zur Nordverwaltung der Eisenbahnbau-Lager der GULag. Im Zusammenhang mit der Verlegung dieser Verwaltung und der Freigabe der Räumlichkeiten in Abes wurde am 27. Mai 1949 eine Lagerabteilung des Minlag mit einer Kapazität für bis zu 5 000 behinderte und arbeitsunfähige politische Häftlinge eingerichtet. Diese wurden für Arbeiten zur Instandhaltung des Lagers eingesetzt.
Das Minlag bestand bis Mitte 1954. Durch einen Erlass der UdSSR vom 17. Juli 1954 wurden alle Sonderlager, einschließlich des Minlag, in allgemeine ITL (Besserungs- und Arbeitslager) umgewandelt. Das Mineral-ITL existierte bis zum 6. März 1957, als alle seine Unterabteilungen offiziell an das Petschora-ITL übergeben wurden.
Die Unterstellung des Minlag spiegelte die internen Veränderungen im Gulag-System wider. Zunächst unterstand es ab dem 28. Februar 1948 der GULag, danach wurde es der Hauptverwaltung der Lager der Bergbau- und Metallurgieindustrie (GULGMP) unterstellt. Ab dem 28. März 1953 unterstand es der Hauptverwaltung für Strafvollzug (GTU) des MWD, ab dem 8. Februar 1954 der GULag des MWD der UdSSR und ab dem 7. Oktober 1955 des MWD der ASSR der Komi. Ab dem 31. Januar 1957 unterstand das Lager schließlich der Hauptverwaltung der Besserungs- und Arbeitskolonien (GUITK) des Innenministeriums der UdSSR.
Insassen
Ursprünglich war die Kapazität des Lagers auf 25 000 Häftlinge festgelegt worden. Durch einen Erlass des Innenministeriums der UdSSR vom 18. Oktober 1950 wurde diese Zahl jedoch auf 28 000 erhöht. Die Zahl der Häftlinge stieg bis 1952 rapide an. So befanden sich nach Angaben vom September 1948 – 9 332 Personen im Lager, am 1. Januar 1949 waren es bereits 24 112, am 1. Januar 1950 – 28 371, ein Jahr später 33 056 und am 1. Januar 1952 – 33 448. Die vorgesehene Kapazität wurde offensichtlich überschritten, wodurch sich die Unterbringungsbedingungen verschlechterten. Bis zum 1. Januar 1953 sank die Zahl der Insassen auf 27 785 Personen, stieg jedoch bis 1954 wieder leicht auf 28 055 Personen an. Im Januar 1955 sank sie deutlich auf 15 259, im Januar 1956 waren im Lager 10 327 und zum Zeitpunkt der Schließung 6 819 Personen inhaftiert.
Im Minlag waren vor allem politische Gefangene untergebracht, sogenannte „besonders gefährliche Staatsverbrecher“ – Menschen, die gemäß Artikel 58 des Strafgesetzbuches der RSFSR verurteilt worden waren. Zu ihnen gehörten unter anderem ehemalige Kriegsgefangene, Angehörige besiegter Armeen, Zivilisten aus besetzten Gebieten, Geistliche, Intellektuelle sowie sowjetische Bürger, die als „antisowjetisch“ galten. Am 1. Oktober 1949 waren 11 274 Häftlinge wegen „Verrats am Vaterland”, 4 158 wegen „Beteiligung an antisowjetischen Verschwörungen, Organisationen und Gruppen”, 2 124 wegen „Spionage”, 1 554 wegen „antisowjetischer Agitation”, 562 wegen „Terror”, 184 wegen „konterrevolutionärer Sabotage” und 157 wegen „Aufruhr und politischem Banditentum” inhaftiert. Nach Angaben vom 1. Februar 1953 waren 4 081 Personen gewöhnliche Straftäter und 27 753 Personen politische Gefangene.
Unter den Insassen befanden sich Deutsche, Balten, Ukrainer, Polen und Angehörige anderer Nationalitäten. Am 28. Oktober 1951 belief sich die Zahl der ausländischen Staatsbürger auf 957 Personen, das waren nur etwa drei Prozent der Gesamtbelegung.
Im Jahr 1954 wurden 330 Deutsche (darunter 30 Frauen), die zwischen 1950 und 1954 wegen Spionage zu 25 Jahren Lagerhaft verurteilt worden waren, aus dem Workutlag nach Inta verlegt. Die Deportation der Deutschen aus dem Workutlag war Teil der Umsetzung einer Anweisung der GULag, alle in den nördlichen Lagern inhaftierten Ausländer im Lager in Inta zu konzentrieren. Am 29. Dezember 1954 befanden sich hier 365 deutsche Häftlinge.
Zwangsarbeit
Die Arbeit der Lagerinsassen diente in erster Linie dem Betrieb des Inta-Kombinats (Kombinat „IntaKohle“). Zu ihren Aufgaben gehörten der Bau eines Schlackensteinbetriebs, der Kohleabbau in bestehenden Schächten und der Bau neuer Schächte sowie die Holzgewinnung. Darüber hinaus waren die Häftlinge im Wohnungs-, Hoch- und Straßenbau, bei Entwässerungsarbeiten sowie in den Bergwerken Jedschid-Kyrta und Koschym beschäftigt. Außerdem arbeiteten sie im Reparatur- und Maschinenbauwerk, in der Ziegelei und im Holzverarbeitungsbetrieb in Inta. Des Weiteren waren sie in Fuhrparks, in der Landwirtschaft und in der Holzbörse tätig. Ab dem 16. Juli 1950 wurden die Häftlinge des Minlag, die dem allgemeinen Regime unterstanden, auf ein Lohnsystem umgestellt. Insgesamt 5 755 Häftlinge erhielten einen Lohn. Entgegen den Erwartungen führte dies jedoch nicht zu einer Steigerung der Produktivität.
Gedenkorte
In Inta gibt es mehrere kleine Gedenkorte. Das erste Denkmal wurde bereits 1956 auf dem östlichen Friedhof des Lagers eröffnet. Vor der Abreise in die Heimat errichteten lettische politische Gefangene hier ein Denkmal für ihre verstorbenen Landsleute mit dem Namen „Dzimtenei” („Heimat”). Die Künstler des Denkmals waren der Bildhauer Edvards Sidrabs, zu dieser Zeit noch Häftling, sowie der ehemalige Häftling Adolf Puntulis, der sich in Inta in „ewiger Verbannung” befand. Die Arbeiten wurden heimlich durchgeführt. Das Denkmal wurde aus Beton in Teilen gegossen und innerhalb einer Nacht aufgestellt. Es wurde am 29. Juli 1956 in Anwesenheit von fast 200 Personen eingeweiht, die Weihung erfolgte durch einen lettischen Priester, der ebenfalls Häftling des Lagers Inta war. Im Jahr 1989 brachte eine Initiativgruppe das Friedhofsgelände in Ordnung und restaurierte die erhaltenen Denkmäler.
Am 18. August 1990 wurde auf demselben Friedhof auf Initiative der Vilniuser Gesellschaft der politisch Verfolgten das Denkmal „Rūpintojėlis” („Christus der Trauernde”) eingeweiht. Der Bildhauer war Jonas Juodis, der Sohn des Brigadegenerals I. Juodis, der in der Haft in Abes ums Leben kam.
In der Siedlung Abes befindet sich ein Gedenkfriedhof für die Opfer des totalitären Regimes. Die ersten Bestattungen stammen aus den Jahren 1947/48, die meisten fanden jedoch in den Jahren 1949–1957 statt. Anfangs wurden die Toten in gemeinsamen Gräbern bestattet, ab 1952 dann in Einzelgräbern. Auf den Gräbern wurden Pfosten mit einer Plakette und den entsprechenden Verzeichniszeichen der Bestattung aufgestellt: ein Buchstabe des kyrillischen Alphabets, der das Gemeinschaftsgrab kennzeichnet, sowie eine individuelle Nummer. Insgesamt wurden dort etwa 2 000 Menschen beigesetzt, hauptsächlich aus der Lagerabteilung Abes des Minlag. Die Gestaltung und Memorialisierung des Friedhofs begann 1989. 1990 wurde in 200 m Entfernung vom Friedhof durch die Bemühungen der Vilniuser Gesellschaft der politisch Verfolgten das Denkmal „Flammendes Kreuz” errichtet. Im Juli 1996 stellte die Lwiw-Gesellschaft „Poschuk” („Suche“) ein Gedenkkreuz aus Metall mit der ukrainischsprachigen Inschrift „Ewige Erinnerung an die politischen Häftlinge von Intlag, die 1946–1954 in Abes ums Leben kamen” auf. 1999 wurden zwei Gedenkkreuze für die in Haft verstorbenen Polen und Weißrussen aufgestellt. 2003 rekonstruierte das Heimatmuseum Inta etwa 500 erhaltene hölzerne Nummernschilder aus Metall. Darüber hinaus wurden seit 1990 auf dem Friedhof mehrere Dutzend persönliche Gedenktafeln angebracht.
2014 wurde in Inta das erste Museum für die Geschichte politischer Repressionen in der Republik Komi eröffnet. Es befindet sich in einem Wasserturm, der von Häftlingen des Minlag nach einem Entwurf des repressierten schwedischen Architekten Arthur Gustav Tamvelius erbaut worden war.
Quellen und Literatur
Michail Smirnow (Hrsg.), Das System der Besserungsarbeitslager in der UdSSR 1923–1960. Handbuch, Moskau 1998. Darin: Minlag, Inta-ITL
Nikolai Morozov, Sonderlager des Innenministeriums der UdSSR in der Komi-Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik (Osobye lagerja MWD SSSR v Komi ASSR (1948–1954 gody)), Syktyvkar 1998 (Russisch)
Karte der Erinnerung: Nekropole des Terrors und des Gulag: Gedenkfriedhof Abes, Friedhof Inta (Englisch)

