„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*3.4.1903 (Berlin) | † ??.3.1956 (OserLag (Taischet/Sonderlager Nr. 7))

Berthold Eschenwecker

Berthold Eschenwecker, Fotografie von Haftkarteikarte, JVA Bautzen
Berthold Eschenwecker, Haftkarteikarte Vorderseite, JVA Bautzen
Berthold Eschenwecker, Haftkarteikarte Rückseite, JVA Bautzen

KgU-Deckname „Argus“


Berthold Eschenwecker wurde als unehelicher Sohn in das Berliner Arbeitermilieu hineingeboren. Seinen Vater kannte er nicht. Er wurde evangelisch erzogen und besuchte die Volksschule. Anschließend absolvierte er eine Lehre zum Tischler und trat 1923 der SPD bei. 1929 heiratete er. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Während des sogenannten Dritten Reiches war er Mitglied in der Massenorganisation NS-Volkswohlfahrt.

Wann genau er nach Riesa zog, um im dortigen Stahlwerk als Hilfsschlosser zu arbeiten, ist unklar. Da er aufgrund der „u. k.“-Stellung keinen Kriegsdienst leisten musste und erst bei Ende des Zweiten Weltkriegs zum „Volkssturm“ bei Riesa eingezogen wurde, liegt die Vermutung nahe, dass Eschenwecker spätestens in den 1930er-Jahren dort ansässig wurde. 1945 trat er wieder der SPD bei. Auch nach der Zwangsvereinigung der SPD mit der KPD zur SED blieb er in der Partei.

Nachdem ein ehemaliges Mitglied der KgU die Seiten wechselte, wurden zahlreiche mit der KgU in Verbindung stehende Gruppen und Einzelpersonen auf dem Gebiet der DDR enttarnt. Am 7. September 1951 erfolgte die Festnahme von Eschenwecker im Zug von Berlin nach Chemnitz. Später wurde er der sowjetischen Untersuchungshaftanstalt in der Bautzner Straße in Dresden zugeführt. Seine dortige Untersuchungshaft wurde zwischenzeitlich unterbrochen, da er am 30. November 1951 an eine Volkspolizei-Haftanstalt in Dresden überführt wurde. Vermutlich stand dies mit einer hohen Überbelegung des sowjetischen Gefängnisses in Zusammenhang.

Am 29. Dezember 1951 erfolgte seine Rückverlegung, da am Folgetag sein Prozess vor dem Militärtribunal der 1. Garde-Panzerarmee (Feldpostnummer 08640) stattfinden sollte. In einem Gruppenprozess mit fünf weiteren Angeklagten wurde Eschenwecker wegen Spionage, antisowjetischer Propaganda, Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation und Vorbereitung von Sabotageakten an der staatlichen Infrastruktur zu 25 Jahren Haft in einem „Besserungsarbeitslager“ verurteilt. Mit seinen Mitverurteilten, die der KgU-Gruppe „Ariadne“ angehörten, hatte er vermutlich nicht in direkter Verbindung gestanden. Die KgU führte ihn als Mitglied der Gruppe „Argus“.

Am 10. Januar 1952 wurde Eschenwecker in die Strafvollzugsanstalt Bautzen I verlegt. Für den 10. Juni 1952 ist seine Rücküberstellung an die Sowjetische Kontrollkommission Dresden belegt. Danach verliert sich seine eindeutig durch sowjetische Archivunterlagen nachweisbare Spur. Laut dem Mitverurteilten Fritz Böhme, der ebenfalls aus dem Gefängnis in Bautzen abgeholt worden war, sind beide ab Dresden über Berlin-Lichtenberg und Brest nach Taischet in den Gulag-Komplex Oserlag verlegt worden. Dort soll Eschenwecker im März 1956 im Lagerkrankenhaus verstorben sein.

Am 3. August 2001 rehabilitierte die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation Berthold Eschenwecker als Opfer politischer Repressionen.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • BArch, MfS, Abt. XII/RF/170
  • BArch, MfS, BV Dresden, AS 2/60, Bd. 2
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, Nr. 7u-68-01
  • Justizvollzugsanstalt Bautzen, 8706/52

Veröffentlichungen

  • Enrico Heitzer, "Affäre Walter". Die vergessene Verhaftungswelle, Berlin 2008, S. 124