„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*18.7.1928 (Meißen) | † 23.6.2001 (Elmshorn)

Günter Heinisch

Günter Heinisch, 1949, Privatbesitz
Cover des Erinnerungsberichts von Günter Heinisch, Dresden 2000

Zu Unrecht der Spionage verdächtigt


Günter Heinisch wuchs in ärmlichen Verhältnissen in Meißen auf. Nach der Schulzeit begann er eine kaufmännische Lehre beim Verlag C.E. Klinkicht & Sohn Meissner Tageblatt, die im Juli 1944 durch seine Einberufung zur Wehrmacht unterbrochen wurde. Dort diente er bei der Flugabwehr. Nach Kriegsende schloss er die Lehre ab und arbeitete bei der Deutsche Werbe- und Anzeigengesellschaft (DEWAG) in Dresden in der Anzeigenverwaltung. Nach Beendigung dieser Tätigkeit war er bis Mitte 1949 bei der WISMUT beschäftigt.

Am 28. Dezember 1949 wurde er von einem ihm bekannten deutschen Polizisten gebeten, auf das Polizeirevier zu kommen. Dort übergab ihn die Polizei an die sowjetische Geheimpolizei, die Heinisch zunächst in ein Untersuchungsgefängnis nach Freiberg überführte. Später kam er nach Chemnitz. In beiden Gefängnissen wurde er zahlreichen Vernehmungen unterzogen und dabei mehrfach misshandelt. Nach einiger Zeit verlegte man ihn in das Untersuchungsgefängnis der Geheimpolizei in der Bautzner Straße Dresden. Dort wurden die verschärften Verhöre fortgesetzt.

Man warf ihm vor, sich beim Besuch einer Polizeischule in Berlin gegenüber dem englischen Geheimdienst zur Zusammenarbeit verpflichtet zu haben und sowohl über die deutsche Polizei als auch über die sowjetischen Truppen in Deutschland berichtet zu haben. Möglicherweise war Günter Heinisch durch den Kontakt zu Christa Aurig, einer Jugendliebe, in das Visier der Ermittler geraten. Deren Verlobter, der Polizeischüler Werner Andreck, war wegen Kontakten zur SPD-Jugendorganisation „Die Falken“ von einem SMT verurteilt worden. Am 17. März 1950 verurteilte das Militärtribunal der 1. Garde-Mechanisierten Armee (Feldpostnummer 08640) Günter Heinisch am Münchner Platz in Dresden auf der Grundlage von § 58-6 des StGB der RSFSR zu 25 Jahren „Besserungsarbeitslager“.

Die Haft verbüßte er in der DDR-Strafanstalt Bautzen I. Dort erlebte er die Solidarität von Mitgefangenen und die Misshandlungen der Wachtmeister. Die Mitwirkung im Gefangenen-Jugendchor spendete ihm Trost und Kraft, die harten Bedingungen zu überleben. Obwohl Günter Heinisch von den sowjetischen Behörden bereit am 17. Januar 1954 begnadigt worden war, kam er – wahrscheinlich wegen einer Namensverwechslung – erst am 16. August 1956 wieder frei.

1957 flüchtete er in die Bundesrepublik. Bereits in der Haft hatte er den Beschluss gefasst, sein Leben später karitativer Arbeit zu widmen. Unter anderem wirkte er als erster Stadtjugendpfleger in Elmshorn.

Nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 engagierte er sich im Bautzen-Komitee, dem Interessenverband der ehemaligen Bautzen-Häftlinge. Die Arbeit an einem autobiographischen Bericht über seine Hafterfahrungen, der im Jahr 2000 in der Reihe „Lebenszeugnisse – Leidenswege“ der Stiftung Sächsische Gedenkstätten publiziert wurde, half ihm bei der Verarbeitung.

Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Günter Heinisch am 19. März 1996.

Am 23. Juni 2001 verstarb Günter Heinisch in Elmshorn.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • Dokumentationsstelle Dresden, Interview mit Günter Heinisch
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 5uk-288-96

Veröffentlichungen

  • Günter Heinisch, „Solange du lebst, lebt auch die Hoffnung noch.“ Erinnerungen an Haft und Selbstbehauptung in Chemnitz, Dresden und Bautzen 1950-1956. Bearbeitet und eingeleitet von Klaus-Dieter Müller, Dresden 2000.