„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*15.3.1922 (Dresden)

Gerhard Aust

Gerhard Aust, Fotografie von der Haftkarteikarte, JVA Bautzen
Gerhard Aust, Haftkarteikarte, Vorderseite, JVA Bautzen
Gerhard Aust, Haftkarteikarte, Rückseite, JVA Bautzen

Verurteilt, weil er gegenüber Bekannten von Hilferufen Gefangener im sowjetischen Untersuchungsgefängnis Münchner Platz berichtete


Gerhard Aust wuchs als Sohn des Schulhausmeisters Karl Aust und dessen Ehefrau Wanda, geborene Bobe, in Dresden auf. Er absolvierte eine Ausbildung zum Rechtsanwaltsgehilfen in der Kanzlei Höffner und Weber. Der 18-Jährige, seit September 1940 Mitglied der SA, wurde am 2. Januar 1941 als Gerichtsschreiber für Zivilsachen am Amtsgericht Dresden vereidigt. Während des Zweiten Weltkrieges verpflichtete ihn das Arbeitsamt Dresden am 25. Oktober 1943, in der Rüstungsindustrie zu arbeiten.

Nach Kriegsende zunächst Mitglied der SPD, trat er nach der Zwangsvereinigung von KPD und SPD zur SED Anfang 1947 aus der Partei aus. Nach bestandener Rechtspfleger Prüfung 1947 war er als Justizinspektor beim Vormundschafts- und Nachlassgericht am Münchner Platz Dresden tätig.

In seinem Dienstzimmer hörte er im Juli 1948 aus den Räumen des gegenüberliegenden Gefängnisses der sowjetischen Geheimpolizei Hilferufe. Er erzählte davon einem Kameraden vom Bergsteigerbund, der Kriminalkommissar der Abteilung K 3 war. Nachdem dieser ihn denunziert hatte, wurde Gerhard Aust am 4. März 1949 durch Mitarbeiter der politischen Kriminalpolizeiabteilung K 5 wegen Verleumdung der sowjetischen Besatzungsmacht verhaftet. Bei den Ermittlungen der deutschen Kriminalpolizei bestätigten zwei Kolleginnen, die im gleichen Büro wie Aust arbeiteten, die Hilferufe gehört zu haben. Sie beschrieben ihren Kollegen wohlwollend als korrekt, höflich und sozial eingestellt. Von seinem Sportkameraden, dem Polizeibeamten, wurde er der Sympathie mit dem NS-Regime beschuldigt und kritischer Äußerungen zur Politik der SED bezichtigt.

Am 12. Mai 1949 wurde Gerhard Aust aus dem Dresdner Polizeigefängnis an der Schießgasse, in dem ihn seine Mutter und seine Verlobte besucht hatten, an die sowjetische Geheimpolizei überstellt. Nach insgesamt vier Monaten Untersuchungshaft verurteilte das Militärtribunal der Sowjetischen Militäradministration des Landes Sachsen Gerhard Aust am 3. Juli 1949 in Dresden auf der Grundlage von Artikel 58-10, Abschnitt 2 des StGB der RSFSR („antisowjetische Propaganda“) zu 25 Jahren Haft in einem „Besserungsarbeitslager“.

Die Haftstrafe verbüßte Gerhard Aust im Speziallager Bautzen sowie in den DDR-Strafvollzugsanstalten Bautzen und Halle (Saale). Am 16. Januar 1954 wurde er von dort entlassen. Er flüchtete in die Bundesrepublik nach Hessen und war dort wieder als Rechtspfleger tätig.

Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Gerhard Aust am 2. November 1994 als Opfer politischer Repressionen.

Weitere Dokumente

Hinweis: Für eine weitergehende Nutzung, zum Beispiel für eine Veröffentlichung, bedarf es der Zustimmung der Dokumentationsstelle Dresden. Bitte kontaktieren Sie uns dazu.

Quellen

  • BArch Berlin, DO1/32.0/39705
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 4uk-Id2497-2023
  • Hauptstaatsarchiv Dresden (SächsStA-D), 13434, ZA 2278/54; 13471, ZA I 5129.A.3
  • Justizvollzugsanstalt Bautzen, 6095
  • Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF), f. 9409, op. 1, d. 195