„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*7.4.1914 (Köln-Kalk (Rheinprovinz)) | † 9.10.1951 (Moskau (Gefängnis Butyrskaja))

Gerhard Dunkel

Gerhard Dunkel, Passfotografie, undatiert, ZA FSB

Unter dem Vorwurf der Spionage für den amerikanischen Geheimdienst verhaftet


Der gebürtige Kölner Gerhard Dunkel absolvierte eine Ausbildung zum Holzkaufmann und lebte bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in seiner Heimatstadt. Als sich ihm die Gelegenheit bot, seine Kenntnisse in der Sägewerkspraxis zu erweitern, siedelte er nach Elsterwerda um. Da ihm seit einem Unfall im Jahre 1919 die Finger der linken Hand fehlten, wurde er für wehruntauglich erklärt.

Während der nationalsozialistischen Diktatur äußerte sich der parteilose Gerhard Dunkel kritisch zu den deutschen Angriffen auf Polen und auf die Sowjetunion. Daraufhin wurde er 1942 von der Gestapo wegen „staatsfeindlicher Äußerungen“ verhaftet und zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Die Haftstrafe verbüßte er im Gefängnis am Münchner Platz in Dresden.

Nach Kriegsende wurde er 1946 Mitglied der Liberal-Demokratischen Partei (LDP). Gerhard Dunkel war zum zweiten Mal verheiratet und Vater von zwei Kindern. Seine Firma bot ihm eine Weiterbeschäftigung an, die er trotz des neuen Firmensitzes in Hamburg annahm. Jedoch kehrte er schon bald zu seiner Familie nach Elsterwerda zurück. Er beantragte einen Interzonenpass, um sich um seinen schwer erkrankten Vater in Pfaffendorf (heute ein Stadtteil von Bergheim) zu kümmern.

Laut seinem späteren Gnadengesuch plante Gerhard Dunkel im Oktober 1950, sich mit seiner zweiten Ehefrau um eine Zuzugserlaubnis in die Bundesrepublik zu bemühen und fuhr zu diesem Zweck nach West-Berlin. Sein Antrag wurde abgelehnt, er sei jedoch zugleich an die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KgU) verwiesen worden. Im Gegenzug für einige Dienste, wie die Überprüfung der Lage einer Munitionsanstalt (Muna) zwischen Fürstenwalde und Magdeburg und die Beschaffung eines Versteckes für ein Vervielfältigungsgerät, sei ihm die Erteilung einer Zuzugsgenehmigung in Aussicht gestellt worden. Bei einer erneuten Fahrt nach West-Berlin habe ihn sein KgU-Kontaktmann mit einem Agenten des amerikanischen Geheimdienstes bekannt gemacht. Auf den nun folgenden elf Fahrten durch die DDR sammelte Gerhard Dunkel nach Ermittlungsunterlagen der DDR-Staatssicherheit Informationen zu Kasernen in Dresden, über Truppenarten und Feldpostnummern sowie zu Militärtransporten. Außerdem erhielt er zur Verbreitung antisowjetische Flugblätter und sollte Karten zu Gleisanlagen und Fahrpläne von Gütertransporten beibringen. Ein junger Mann aus Dresden, den er versuchte anzuwerben, zeigte ihn bei der DDR-Staatssicherheit (MfS) an und berichtete dort über die folgenden Treffen.

Am 8. März 1951 wurde Gerhard Dunkel in Dresden, dem Wohnort seiner Kinder, unter dem Vorwurf der Spionage für den amerikanischen Geheimdienst durch Mitarbeiter des MfS verhaftet. Er wurde sechs Tage später an die sowjetische Geheimpolizei überstellt und in das MGB-Gefängnis auf der Bautzner Straße überführt. Nach knapp fünf Monaten Untersuchungshaft verurteilte ihn das Militärtribunal der Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland (Feldpostnummer 48240) am 25. Juli 1951 in Dresden auf der Grundlage von Artikel 58-6, Abschnitt 1 (Spionage), Artikel 58-10, Abschnitt 2 (antisowjetische Propaganda) und Artikel 58-11 (konterrevolutionäre Gruppenbildung) des StGB der RSFSR zum Tod durch Erschießen. Gemeinsam mit ihm wurden 13 weitere Angeklagte, deren Namen er größtenteils in den Verhören durch das MfS genannt hatte, zu Haftstrafen verurteilt. Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR lehnte seine Begnadigung am 3. Oktober 1951 ab. Das Todesurteil wurde am 9. Oktober 1951 im Butyrka-Gefängnis in Moskau vollstreckt. Ein Massengrab auf dem Friedhof Donskoje in Moskau wurde zur letzten Ruhestätte.

Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Gerhard Dunkel am 14. Juli 1994 als Opfer politischer Repressionen.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • BArch, MfS, BV Ddn, AU 179/53
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 5uw-27506-51
  • Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF), f. 7523, op. 76a, d. 42

Veröffentlichungen

  • "Erschossen in Moskau ..." Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950-1953, hrsg. von Arsenij Roginskij, Frank Drauschke und Anna Kaminsky, 3. Auflage, Berlin 2008, S. 166 und S. 62