*21.2.1914 (Chemnitz) | † 23.11.1976 (Frankfurt (Main))
Gerhard Kaderschafka
Auf Betreiben der Chemnitzer SED-Führung verhaftet
Gerhard Kaderschafka wurde in Chemnitz geboren und genoss eine mittlere schulische Bildung. Nach dem Schulabschluss absolvierte er eine Ausbildung zum Textilkaufmann. Schon während seiner Jugend war er im linkspolitischen Milieu aktiv und Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend. Er war zudem Mitglied der Gewerkschaft Zentralverband der Angestellten und des sozialdemokratischen Arbeiter-Turn- und Sportbunds. Mit 18 Jahren trat er am 1. Mai 1932 der SPD bei. Sein politisches Engagement ging jedoch noch darüber hinaus. Als Mitglied des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold setzte er sich zusätzlich gegen die zahlreichen Gegner der Weimarer Republik ein.
Dieser widerständigen Haltung blieb er auch in der Zeit des Nationalsozialismus treu. So hielt er zu den in die Tschechoslowakei nach Karlsbad emigrierten Sozialdemokraten Kontakt und verteilte unter Gleichgesinnten deren Presseorgan, den „Neuen Vorwärts“, in Chemnitz. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der inzwischen verheiratete Kaderschafka eingezogen. Gegen Ende diente er als Obergefreiter in einer Nachrichtenabteilung im Ruhrgebiet. Von dort flüchtete er im April 1945 zurück in seine Heimatstadt.
Dort in Chemnitz trat er nach Kriegsende wieder der SPD bei und wurde Mitglied des Parteivorstands vor Ort. Dadurch konnte er zudem den Posten des lokalen Kultursekretärs im Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) antreten. Nach der Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED hatte Kaderschafka keine Parteifunktionen mehr inne. Zunehmend bemühte er sich, Kontakt zu den Ostbüros der SPD in Hannover und Berlin zu halten und diesen auszubauen. Er traf sich zudem mit verschiedenen vormaligen SPD-Mitgliedern, darunter der Reformpädagoge Carl Rudolph. Mit ihnen tauschte er sich über die politischen Entwicklungen in der sowjetischen Besatzungszone aus.
Nachdem dieser Gesprächskreis im Herbst 1948 aufgedeckt wurde, schied Kaderschafka von seiner Funktion im FGDB aus und wurde Leiter der Chemnitzer Volksbühne. Anlässlich eines Termins auf der sowjetischen Kommandantur der Stadt, der offiziell der Programmbesprechung der Volksbühne dienen sollte, wurde er am 18. Februar 1949 von sowjetischen Sicherheitskräften verhaftet und in das sowjetische Untersuchungsgefängnis am Münchner Platz in Dresden überführt. Seine Verhaftung sowie die der anderen Mitglieder des Gesprächskreises erfolgte auf direktem Betreiben der Chemnitzer SED-Führung.
Am 22. und 23. Juni 1949 kam es am Münchner Platz in Dresden zum Prozess gegen Kaderschafka und andere vor dem Militärtribunal des Landes Sachsen. Wegen seiner Kontakte zum SPD-Ostbüro und der Treffen wurde er für angebliche Spionage und Gründung beziehungsweise Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation zu 25 Jahren Haft in einem „Besserungsarbeitslager“ verurteilt. Mit ihm angeklagt und verurteilt wurden Carl Rudolph, Fritz Uhlmann, Kurt König, Karl Eger, Moritz Nestler und Rudolf Wiltschek.
Nach der Verurteilung wurde Kaderschafka in das Speziallager Bautzen verlegt. Dort erlebte er die Transformation des Gefängnisses zur Strafvollzugsanstalt Bautzen I unter Kontrolle der Volkspolizei. Am 27. November 1953 wurde er nach Halle in die Haftanstalt „Roter Ochse“ verlegt, aus der er am 1. Juni 1956 nach Beschluss des Zentralkomitees der SED per Generalamnestie entlassen wurde.
Am 15. Juni 1956 flüchtete Kaderschafka nach Braunschweig und wurde später in Frankfurt am Main ansässig. Dort war er als Vermögensberater beim Deutschen Gewerkschaftsbund tätig. Er verstarb am 23. November 1976.
Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Gerhard Kaderschafka am 12. November 1997 als Opfer politischer Repressionen.
Weitere Dokumente
- Gerhard Kaderschafka, Rehabilitierungsbescheid mit Übersetzung, Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 12. November 1997
- Wikipedia-Artikel zu Carl Rudolph
Quellen
- Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 5uk-1516-97
- Justizvollzugsanstalt Bautzen, 6092
- Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF), f. 9409, op. 1, d. 193
Veröffentlichungen
- Sozialdemokratische Partei Deutschlands (Hg.), Der Freiheit verpflichtet. Gedenkbuch der deutschen Sozialdemokratie im 20. Jahrhundert, 2. Auflage, Berlin 2013, S. 260 f.