„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*15.8.1905 (Dresden) | † 29.7.1952 (Moskau (Gefängnis Butyrskaja))

Hans Beichling

Hans Beichling, Ausschnitt, undatiert, Privatbesitz
Hans Beichling, Gruppenfotografie der Familie, undatiert, Privatbesitz

Zusammen mit seinem Sohn und seinem Bruder wegen Arbeit für die KgU zum Tode verurteilt


Der parteilose Maschinist Hans Arno Beichling war verheiratet und arbeitete bis zu seiner Verhaftung als Heizer im Eisenbahndepot in Pirna. Er war Mitglied in der „Unabhängigen Gewerkschaftsopposition“ (UGO), einer Westberliner Abspaltung vom kommunistisch dominierten Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB).

Am 9. September 1951 wurde Hans Beichling in Pirna unter dem Vorwurf der „Mitgliedschaft in einer antisowjetischen Gruppe“ und der „Planung eines bewaffneten Aufstandes“ durch sowjetische Sicherheitsorgane verhaftet. Bei einer Durchsuchung wurden ein Fotoapparat, eine Signalpistole, zwei Gewehre und ein Bajonett sichergestellt. In der Entscheidungsvorlage des Obersten Gerichts der UdSSR zur Ablehnung seines Gnadengesuches wird ausgeführt, dass Hans Beichling im November 1950 nach West-Berlin zu einem Treffen mit einem Kontaktmann der UGO gefahren sei, von wo aus er zur Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KgU) geschickt wurde. Dort habe er seine Dienste angeboten und den Auftrag erhalten, eine illegale Gruppe zur Spionage im Eisenbahndepot in Pirna zu gründen. Bei einem erneuten Treffen im März 1951 habe er von der KgU 50 Flugblätter, zwei Gummiwalzen und Farbe erhalten, die er jedoch vernichtete. Später zog er seinen Sohn Dieter Beichling und seinen Bruder Rudolf Beichling ins Vertrauen und warb Hellmuth Wischniewski sowie dessen Stiefvater Otto Lorenz, der wie er im Eisenbahndepot in Pirna arbeitete, im Juni 1951 ebenfalls für die Gruppe, die den KgU-Decknamen „Anna“ erhielt. Hans Beichling soll als Kurier der Gruppe zur KgU fungiert haben und der KgU von seinem Sohn Dieter kopierte Revisionsakten von zwei Schraubenwerken in Dresden und Schlottwitz, sowie die Fotokopie der Revisionsakte eines Werkes in Chemnitz übergeben haben. Des Weiteren übergab er angeblich einen nicht entwickelten Film, auf welchem das Zentrallager der Polizei in Pressen (Eilenburg) abgelichtet war. Außerdem soll er Informationen über die Ladung von Güterzügen übermittelt haben. Im Juni 1951 erhielt Hans Beichling von der KgU einen Fotoapparat, den er an seinen Sohn Dieter weitergab, der ihn angeblich auch für Spionagetätigkeiten nutzte. Bei einem Treffen der Gruppe sei beschlossen worden, am 21. Juni 1951 zum Jugendfest „Tag der Bergsteiger“ in der Sächsischen Schweiz antisowjetische Flugblätter zu verteilen und zum Kampf gegen die Sowjetunion und die DDR aufzurufen. Diese Aktion wurde jedoch nie durchgeführt. Im Falle eines Krieges sollten die Mitglieder der Gruppe „Anna“, an einem Standort in der Sächsischen Schweiz angeblich aus der Luft mit Waffen von den Amerikanern versorgt werden, um gegen die sowjetischen Truppen zu kämpfen.

Während der Verhandlung bestritt Hans Beichling die Vorbereitung für einen bewaffneten Aufstand, betonte jedoch zugleich die Unzufriedenheit mit der Politik in der DDR als Motiv für die Aktivitäten der Gruppe.

Am 23. April 1952 verurteilte ihn das Militärtribunal der Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland (Feldpostnummer 48240) in Dresden nach Artikel 19-58-2 (Aufstand gegen bzw. Eindringen in die UdSSR), Artikel 58-6, Abschnitt 1 (Spionage), Artikel 58-10, Abschnitt 2 (antisowjetische Propaganda) und Artikel 58-11 (Mitgliedschaft in einer illegalen Gruppe) des StGB der RSFSR zum Tode durch Erschießen. Mitverurteilte im gleichen Prozess waren sein Sohn Dieter Beichling, sein Bruder Rudolf Beichling, Hellmuth Wischniewski sowie Otto Lorenz und Wolfgang Thamerus. Das Gnadengesuch Hans Beichlings vom 24. Februar 1952 wurde am 27. Juli 1952 durch das Präsidium des Obersten Sowjets abgelehnt und die Todesstrafe am 29. Juli 1952 im Moskauer Butyrka-Gefängnis vollstreckt. Ein Massengrab auf dem Friedhof Donskoje in Moskau wurde zur letzten Ruhestätte.

Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Hans Beichling am 11. Dezember 2001als Opfer politischer Repressionen.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF), f. 7523, op. 76a, d. 101

Veröffentlichungen

  • "Erschossen in Moskau ..." Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950-1953, hrsg. von Arsenij Roginskij, Frank Drauschke und Anna Kaminsky, 3. Auflage, Berlin 2008, S. 132
  • Enrico Heitzer, "Affäre Walter". Die vergessene Verhaftungswelle, Berlin 2008, S. 87 f.