„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*12.7.1912 (Breslau) | † 11.1.1976 (Rösrath-Hoffnungsthal)

Helmut Schaefer

Helmut Schaefer, undatiert, Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz

Als Ornithologe in Workuta – Naturforschung trotz Lagerhaft


Schon früh interessierte sich der in Görlitz aufgewachsene Helmut Schaefer für Naturkunde, insbesondere für die Ornithologie. Später studierte er Zoologie, Botanik, Physiologie, Nationalökonomie und Jurisprudenz. 1935 promovierte er in Breslau bei Ferdinand Pax in Zoologie. Im Jahr darauf legte er die juristische Staatsprüfung am Oberlandesgericht in Celle ab und wurde Regierungsassessor in Breslau. Von 1940 bis Kriegende diente Helmut Schaefer, der NSDAP-Mitglied war, in der Wehrmacht, zuletzt im Rang eines Leutnants. Während der Dienstzeit erfolgte die Ernennung zum Regierungsrat im Landratsamt Krems an der Donau.

Nach der Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft kehrte Helmut Schaefer nach Görlitz zurück. Hier koordinierte er ab Juni 1946 als wissenschaftlicher Leiter des noch geschlossenen Museums der Naturforschenden Gesellschaft – heute Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz – alle Aktivitäten zum Erhalt des Sammlungsbestandes des Museums. Zudem oblag ihm die Verwaltung der Sammlungsobjekte, Präparate und Bücherbestände. Als Aufwandsentschädigung erhielt Helmut Schaefer, der auch Mitglied im Kuratorium Naturforschende Gesellschaft war, eine freie Wohnung im Museum am Marienplatz und eine geringe finanzielle Vergütung.

Als aktives Mitglied der Liberal-Demokratischen Partei (LDP) und stellvertretender Vorsitzender der Stadtgruppe Mitte widersetzte sich Dr. Helmut Schaefer mit Gleichgesinnten der zunehmenden diktatorischen Machtausübung der SED. Sowjetische Sicherheitsorgane nahmen ihn daher am 31.Oktober 1947 unter dem Vorwurf der Mitgliedschaft in einer konterrevolutionären Spionagegruppe in Gewahrsam. Er wurde wie Walter Adam, Charlotte Heyden, seine Verlobte Ursula Hupka, Willi Leisten, Horst Otte und Dr. Walter Schade nach Dresden in das MGB-Gefängnis am Münchner Platz überführt.

Nach fast zweijähriger Untersuchungshaft verurteilte die Sonderberatung des Ministeriums der Staatssicherheit der UdSSR (OSO MGB) Dr. Helmut Schaefer per Fernurteil am 13. August 1949 nach Artikel 58-4 (Unterstützung der internationalen Bourgeoisie), Artikel 58-6 (Spionage) und Artikel 58-11 (Mitgliedschaft in einer konterrevolutionären Organisation) StGB der RSFSR zu 25 Jahren Haft in einem „Besserungsarbeitslager“. Anschließend wurde er über das Speziallager Sachsenhausen in die Sowjetunion deportiert. Hier durchlitt er das Lager Workuta sowie Lager in den Komplexen MinLag (Inta) und UnschLag (Suchobeswodnoje).

Auch während der Lagerhaft gab er als aufmerksamer Beobachter seine naturkundlichen Forschungen nicht auf. Nach seiner Entlassung am 12. Januar 1956 in die Bundesrepublik veröffentlichte er seine Forschungsergebnisse in Fachbeiträgen wie „Wetterbeobachtungen in Workuta“, „Säugetierkundliches aus Workuta“ und „Entstehung der subarktischen Großstadt Workuta, Polarural“. 1960 wurde er zum Landesrat berufen und leitete die Abteilung Landschaftliche Kulturpflege des Landesverbandes Rheinland. Dr. Helmut Schaefer war Mitglied der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft und gehörte dem Beirat der Gesellschaft Rheinische Ornithologen an. 1970 wurde er für seine Verdienste mit der Alexander-von-Humboldt-Medaille in Gold geehrt.

Dr. Helmut Schaefer verstarb am 11. Januar 1976 in Rösrath-Hoffnungsthal.

Am 28. Februar 1992 rehabilitierte ihn die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation als Opfer politischer Repressionen.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • RGWA, f. 461, d. 198130

Veröffentlichungen

  • Ronny Kabus, "... weine ich täglich um meinen Vater". In der Gewalt Stalins und der SED, 2. neu bearb. u. erw. Auflage, Norderstedt 2016