„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*21.12.1929 (Greifswald) | † 28.4.1951 (Moskau (Gefängnis Butyrskaja))

Herbert Belter

Herbert Walter Belter, Porträtfotografie, undatiert (Aufnahme um 1949), BStU, MfS, BV Leipzig, AP Nr. 0003, Band Nr. 2, 335

Studentischer Widerstand an der Universität Leipzig


Der gebürtige Greifswalder Herbert Walter Belter begann im Oktober 1949 ein Studium an der Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig. Aus Unzufriedenheit mit den politischen Zuständen in der DDR nahm er gemeinsam mit Kommilitonen im Sommer 1950 Kontakt zum Rundfunksender „RIAS“ in Westberlin auf. Im Weiteren schickte er Berichte über die Stimmung unter den Studenten an der Universität Leipzig und über die politische Entwicklung an der Hochschule an den Sender. Vom RIAS erhielt Belter kritische politische Literatur und Flugblätter, die er und seine gleichgesinnten Kommilitonen im Vorfeld der am 15. Oktober 1950 stattfindenden Wahl zur ersten Volkskammer der DDR in Leipzig verteilten.

Die DDR-Volkspolizei wurde im Zuge einer Personenkontrolle von Herbert Belter am 5. Oktober 1950 auf die studentische Gruppe aufmerksam. Nach ersten Ermittlungen und einer Wohnungsdurchsuchung, bei der zahlreiche kritische Schriften und Flugblätter sichergestellt worden waren, überstellte die Volkspolizei Belter und seine Mitstreiter an das sowjetische Ministerium für Staatssicherheit (MGB). Herbert Belter war ab dem 9. Oktober 1950 in Dresden in der MGB-Untersuchungshaftanstalt Bautzner Straße inhaftiert.

Das Militärtribunal der Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland (Feldpostnummer 48240) verurteilte Herbert Belter am 20. Januar 1951 in Dresden wegen der Weitergabe von Nachrichten und Informationen, der Gründung einer konterrevolutionären Gruppe und der Verbreitung von antisowjetischer und antidemokratischer Literatur nach den Artikeln 58-6/1, 58-10/2 und 58-11 StGB der RSFSR zum Tode. Mitverurteilte des Prozesses waren Otto Bachmann, Erhardt Becker, Peter Eberle, Rolf Grünberger, Werner Gumpel, Günter Herrmann, Siegfried Jenkner, Karl Miertschischk und Hans-Dieter Scharf.

Herbert Belter wurde nach der Verurteilung über Berlin-Lichtenberg und Brest nach Moskau gebracht. Das Präsidium des Obersten Sowjets lehnte am 23. April 1951 sein Gnadengesuch ab. Am 28. April 1951 wurde Herbert Belter im Moskauer Gefängnis Butyrka durch Erschießung hingerichtet, sein Leichnam verbrannt. Ein Massengrab auf dem Friedhof Donskoje in Moskau wurde zur letzten Ruhestätte.

Am 23. Mai 1994 rehabilitierte die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation Herbert Belter und alle Mitverurteilten des Prozesses als Opfer politischer Repressionen. Zur Begründung heißt es, das Militärtribunal habe keine Gründe gehabt, den Angeklagten eine Verwicklung in Spionagetätigkeiten anzulasten. Sowjetische Strafgesetze hätten nicht auf sie angewendet werden dürfen, da sie ausländische Staatsbürger gewesen und außerhalb der Sowjetunion gehandelt hätten.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • BArch, MfS, HA IX/11 SMT, Bd. 9, 30-38
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, K-97073
  • Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF), f. 7523, op. 76a, d. 18
  • Universitätsarchiv Leipzig (UAL), StuA_062682

Veröffentlichungen

  • "Erschossen in Moskau ..." Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950-1953, hrsg. von Arsenij Roginskij, Frank Drauschke und Anna Kaminsky, 3. Auflage, Berlin 2008, S. 134
  • Gerald Wiemers/Jens Blecher, Erinnerung an Herbert Belter, Mitteilungen und Berichte für die Angehörigen und Freunde der Uni Leipzig, Heft Nr. 7/99, S. 24 f
  • Gerald Wiemers/Jens Blecher, Studentischer Widerstand an der Universität Leipzig 1945-1955, 2. Auflage, Beucha 1998
  • Jens Blecher/Gerald Wiemers, „Herbert Belter“, in: Opposition und Widerstand in der DDR. Politische Lebensbilder, hrsg. von Karl Wilhelm Fricke, Peter Steinbach und Johannes Tuchel, München 2002, S. 187-193
  • Klaus-Rüdiger Mai, Der kurze Sommer der Freiheit. Wie aus der DDR eine Diktatur wurde, Freiburg/Basel/Wien 2023
  • Mitteilungen und Berichte für die Angehörigen und Freunde der Universität Leipzig, (1996) 3, S. 10
  • Vom Dresdner Kellergefängnis ins Lager. Schicksale politischer Häftlinge in Sachsen. Katalog zur Ausstellung, hrsg. von Uljana Sieber, Dresden 2013, S. 52-54
  • Waldemar Kröning/Klaus-Dieter Müller, Anpassung – Widerstand – Verfolgung. Hochschule und Studenten in der SBZ und DDR. 1945-1961, Köln 1994