„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*20.9.1918 (Dresden) | † ??.??.1955

Horst Leißring

Horst Leißring, Aufnahme als Gefangener im NS-Zuchthaus Waldheim, 1938, Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig, 20036 Zuchthaus Waldheim, Nr. 11683
Buchcover des Erlebnisberichts von Friedrich-Wilhelm Schlomann, Mit so viel Hoffnung fingen wir an, München 1991, in dem er die Aktivitäten der Widerstandsgruppe beschreibt
Horst Leißring, Fotografie von der Haftkarteikarte, JVA Brandenburg
Horst Leißring, Haftkarteikarte, Vorderseite, JVA Brandenburg
Horst Leißring, Haftkarteikarte, Rückseite, JVA Brandenburg

Widerstand im Nationalsozialismus und gegen das SED-Regime


Seit 1928 besuchte Horst Leißring die Dreikönigsschule in Dresden. Da er sich weigerte, der Hitlerjugend (HJ) beizutreten, wurde ihm 1933 nahe gelegt, die Schule zu verlassen. Er begann daraufhin 1934 eine Ausbildung zum Maschinenbauer.

Wegen des Kontakts zu ehemaligen Angehörigen der inzwischen illegalen bündischen Jugend nahm ihn die Gestapo vom 26. August 1936 bis 23. Januar 1937 in sogenannte Schutzhaft im Polizeigefängnis Dresden. Nach seiner Entlassung bildete Horst Leißring – auch unter dem Eindruck seiner Haftzeit – eine Gruppe „sozialistischer Tendenz“ und wurde unter dem Vorwurf der konspirativen Arbeit gegen die Hitlerjugend (HJ) am 5. September 1937 festgenommen. Nach 13 Monaten Untersuchungshaft in Dresden und Berlin verurteilte ihn der 2. Senat des Volksgerichtshofs (VGH) am 17. Oktober 1938 in Berlin wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu acht Jahren Haft, die er im Zuchthaus Waldheim verbüßte. Seine Mutter erwirkte durch ein Gnadengesuch die Entlassung am 26. März 1943.

Anschließend besuchte Horst Leißring ein Dolmetscherseminar und die Volksbildungsstätte in Dresden. Am 13. Februar 1945 fiel seine Dresdner Wohnung dem alliierten Bombenangriff zum Opfer. Der Einziehung zum Volkssturm entzog er sich durch die Flucht zu Verwandten ins Vogtland.

Nach Kriegsende arbeitete Horst Leißring als Dolmetscher für die amerikanische Besatzungsmacht und war ein Jahr lang im Landratsamt Oelsnitz unter anderem als Leiter der Kraftfahrstelle angestellt. Seit 1946 Mitglied der Liberal-Demokratischen Partei (LDP), war Horst Leißring Gründer und Leiter der LDP-Betriebsgruppe an der Fremdsprachenschule in Leipzig. Er arbeitete für die Volkssolidarität und holte sein Abitur nach. Als anerkanntes Opfer des Faschismus begann er im Wintersemester 1948/1949 ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Leipzig.

1949 nahm Horst Leißring gemeinsam mit seinem Mitstudenten Friedrich-Wilhelm Schlomann Kontakt zum Untersuchungsausschuss freiheitlicher Juristen (UfJ) in West-Berlin auf. Die Organisation sammelte Zeugenaussagen und Berichte über Menschenrechtsverletzungen in der DDR und klärte darüber in Flugschriften auf, die in der DDR verbreitet wurden. Horst Leißring und Friedrich-Wilhelm Schlomann versorgten den UfJ bei persönlichen Besuchen in Westberlin mit Informationen über die politischen Zustände in der DDR und über die Stimmung unter den Studenten. Sie erhielten vom UfJ Flugblätter, transportierten diese unter großer Gefahr nach Leipzig und verteilten sie dort. Zuletzt plante Horst Leißring eine Flugschrift, die Spitzel der DDR-Staatssicherheit und besonders fanatische SED-Funktionäre öffentlich bloßstellen sollte. Als Mittelsmann zum UfJ fungierte Ingolf-Ariovist Klein, ein alter Freund Leißrings aus Westberlin.

Am 14. Juli 1950 wurde Horst Leißring in Leipzig festgenommen und zur Untersuchungshaft der sowjetischen Geheimpolizei nach Dresden verbracht. Ingolf-Ariovist Klein war bereits am 8. Juli verhaftet worden, Schlomann konnte rechtzeitig flüchten. Am 11. September 1950 verurteilte das Militärtribunal der 1. Garde-Mechanisierten Armee (Feldpostnummer 08640) Horst Leißring nach Artikel 58-6, Abschnitt 1 (Spionage) und Artikel 58-10, Abschnitt 2 (antisowjetische Propaganda) des StGB der RSFSR gemeinsam mit seinem Mitstreiter Ingolf-Ariovist Klein sowie der Sekretärin am Institut für Publizistik an der Universität Leipzig Eva-Ingeborg Kleinpaul zu 25 Jahren Freiheitsentzug in einem „Besserungsarbeitslager“. Die Haftstrafe verbüßte er in den DDR-Haftanstalten Bautzen und Brandenburg. Am 16. Januar 1954 wurde er nach Berlin-Friedenau entlassen. Im Spätsommer 1955 nahm er sich im Alter von 36 Jahren das Leben.

Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Horst Leißring am 28. Januar 2000 als Opfer politischer Repressionen.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • BArch Berlin, DO1/32.0/39739
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 7ud-1234-99
  • Justizvollzugsanstalt Brandenburg, 7/4123/Br.
  • Universitätsarchiv Leipzig (UAL), StuA_063710

Veröffentlichungen

  • Friedrich-Wilhelm Schlomann, Mit so viel Hoffnung fingen wir an. 1945-1950, München 1991