„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*14.7.1909 (Kirchenlamitz (Bayern)) | † 8.7.1952 (Moskau (Gefängnis Butyrskaja))

Julius Zürner

Julius Zürner, Privatbesitz

Der bayerische Grenzpolizist – erschossen in Moskau


Der ausgebildete Porzellanmaler lebte mit Ehefrau und zwei Kindern in Hof/Bayern. 1928 trat er in den Dienst der bayerischen Landespolizei, der er bis 1935 angehörte. Nach anschließendem Dienst bei der Schutzpolizei begann er 1940 als Kriminalassistent auf Probe bei der Gestapo Augsburg. Später war er im besetzten Metz (Elsass-Lothringen) mit der Abwehr von Sabotageaktivitäten der Kriegsgegner und des Widerstands befasst. Von September 1944 bis zum Kriegsende diente Zürner bei der Wehrmacht. Anschließend war er als Angehöriger der Sicherheitspolizei knapp drei Jahre im Internierungslager Hammelburg interniert. Die Lagerspruchkammer stufte das frühere NSDAP-Mitglied als „Mitläufer“ ein. Nach der Entlassung am 5. April 1948 bewarb er sich um eine Wiederverwendung im Polizeidienst und wurde am 16. August 1950 als Grenzoberjäger bei der Bayerischen Landesgrenzpolizei eingestellt.

Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung am 2. Januar 1952, deren genaue Umstände im Dunkeln liegen, war Julius Zürner Leiter des Grenzpostens in Trogen. Nach Angaben seiner Ehefrau wurde er von zwei DDR-Grenzpolizisten und zwei sowjetischen Soldaten an der Demarkationslinie bei Kandelhof festgenommen. Am 3. Januar 1952 vernahm ihn das Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) in Weimar. Der Geheimdienst übergab ihn danach den sowjetischen Sicherheitsorganen, die ihn nach Dresden brachten. Dort wurde Julius Zürner am 11. Januar 1952 zum ersten Mal vom MGB vernommen.

Man warf ihm, vor, seit Beginn 1950 dem westdeutschen Nachrichtendienst Informationen über Flüchtlinge aus der DDR und über Personen, die aus Westdeutschland in die DDR übersiedelten, übergeben zu haben. Dabei soll es sich vor allem um Angaben über Agenten und über die Tätigkeit des sowjetischen und des DDR-Geheimdienstes gehandelt haben. Auch soll er zu zwei MfS-Offizieren in Verbindung getreten sein. Illegale Grenzgänger aus der DDR habe er zu Vernehmungen an den amerikanischen Nachrichtendienst überstellt. Außerdem soll er deutsche Kriegsgefangene nach ihrer Rückkehr aus sowjetischer Gefangenschaft zu Lagern in der Sowjetunion befragt und gegen Mitglieder der KPD in Bayern ermittelt haben.

Am 26. April 1952 verurteilte das Militärtribunal der Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland (Feldpostnummer 48240) Julius Zürner in Dresden nach Art. 58-6 („Spionage“) und 58-11 („Mitgliedschaft in einer konterrevolutionären Organisation“) StGB der RSFSR zum Tod durch Erschießen. Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR lehnte am 4. Juli 1952 sein Gnadengesuch ab. Das Urteil wurde am 8. Juli 1952 im Moskauer Butyrka-Gefängnis vollstreckt, die Asche in ein Massengrab auf dem Donskoi-Friedhof verkippt.

Seine Ehefrau Frieda versuchte bis zu ihrem Tode erfolglos, von der DDR-Regierung, vom für die DDR tätigen Anwalt Friedrich Karl Kaul, vom Roten Kreuz und von der KgU eine Auskunft zum Verbleib ihres Mannes zu erhalten. Erst im Juli 2003 erfuhr Zürners Tochter Margot vom Auswärtigen Amt die Wahrheit über das Schicksal ihres seit 1952 vermissten Vaters. Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation hatte Julius Zürner von Amts wegen am 26. Juli 2001 als Opfer politischer Repressionen rehabilitiert und eine Urkunde darüber der deutschen Botschaft in Moskau zugeleitet.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • Auswärtiges Amt, 506/544.10/2003
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 7u-7194-52

Veröffentlichungen

  • "Erschossen in Moskau ..." Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950-1953, hrsg. von Arsenij Roginskij, Frank Drauschke und Anna Kaminsky, 3. Auflage, Berlin 2008, S. 458
  • Joachim Vollert, Über die Zonengrenze in die Freiheit, Eigenverlag 2012, S. 34-48.