„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*10.8.1930 (Goldap, Ostpreußen (Gołdap)) | † 24.2.2025 (Alpen (Niederrhein))

Reinhold Pfau

Reinhold Pfau, Haftkarteikarte Vorderseite, JVA Bautzen
Reinhold Pfau, Haftkarteikarte Rückseite, JVA Bautzen
Reinhold Pfau, Fotografie von Haftkarteikarte, JVA Bautzen

Als junger Wismut-Arbeiter wegen des Besitzes antisowjetischer Literatur verurteilt


Reinhold Pfau wurde im ostpreußischen Goldap geboren. Während des sogenannten Dritten Reiches war er Mitglied in der nationalsozialistischen Massenorganisation Hitlerjugend. Nach dem Krieg lebte er mit seiner Mutter im vogtländischen Netzschkau und absolvierte eine Ausbildung zum Bau- und Möbeltischler. Später begann Pfau bei der sowjetischen Staatlichen Aktiengesellschaft (kurz SAG) Wismut im Raum Auerbach (Vogtland) als sogenannter Geologe-Komplektor zu arbeiten. Bei dieser Tätigkeit war er für Sammlung, Ordnung und Zusammenführung geologischer Daten verantwortlich.

Die SAG Wismut diente in erster Linie dem Uranabbau vor allem im Vogtland und im Erzgebirge. Um Reparationsansprüche der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg zu erfüllen und den Bedarf an Uran für die sowjetische Atomindustrie zu decken, stand das Unternehmen unter sowjetischer Führung. In den Jahren 1950 und 1951 waren etwa 200 000 Arbeiter, die teils zwangsrekrutiert waren, unter oftmals katastrophalen Bedingungen in den Bergbauanlagen tätig. Neben diesen lebensgefährlichen Umständen erschwerten stetige Normerhöhungen und die strenge Überwachung durch sowjetische Sicherheitsorgane Arbeit und Leben der Bergarbeiter. Auf der anderen Seite wurde die Arbeit sehr gut bezahlt, was Menschen aus ganz Deutschland anzog.

Am 8. März 1951 wurde Pfau im vogtländischen Auerbach durch sowjetische Sicherheitskräfte festgenommen und der Untersuchungshaftanstalt in der Bautzner Straße in Dresden zugeführt. Der Vorwurf lautete, eine antisowjetische Jugendorganisation gegründet zu haben und im Besitz antisowjetischer Literatur zu sein. Das Militärtribunal der 1. Garde-Panzerarmee (Feldpostnummer 08640) verurteilte ihn deshalb am 5. Juni 1951 wegen antisowjetischer Propaganda und illegaler Gruppenbildung zu 25 Jahren Haft in einem „Besserungsarbeitslager“. Die Hintergründe des Tatvorwurfs sind derzeit nicht bekannt.

Schon am Tag darauf wurde Pfau in die Strafvollzugsanstalt Bautzen I überführt. Seine Entlassung erfolgte am 17. Januar 1954. Die dort vorherrschenden Haftbedingungen führten dazu, dass er zu diesem Zeitpunkt gesundheitlich angeschlagen war.

Zunächst kehrte Pfau nach Netzschkau zu seiner Mutter zurück. Doch schon Ende Februar 1954 flüchtete er nach West-Berlin. Von dort siedelte er im April desselben Jahres nach Mühlheim an der Ruhr über. Später lebte er in der Gemeinde Alpen am Niederrhein. Dort verstarb er im Jahr 2025.

Reinhold Pfau wurde am 23. Oktober 1997 durch die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation als Opfer politischer Repressionen rehabilitiert.



Weitere Dokumente

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Quellen

  • BArch Berlin, DO1/32.0/39739
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, K-96701
  • Justizvollzugsanstalt Bautzen, 8292/51