„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*12.9.1919 (Dresden) | † 30.10.2012

Annemarie Bannack

Annemarie Bannack, Passfotografie, 1949, Privatbesitz Siegfried Bannack

Vier Jahre Workuta, weil sie den von der Staatssicherheit übertragenen Spitzelauftrag gegenüber ihrem Lebensgefährten nicht erfüllte


Die gebürtige Dresdnerin Klara Margarete Annemarie Bannack arbeitete als Kaufmannsgehilfin in Dresden und wurde dort am 29. April 1949 festgenommen.

Hintergrund der Inhaftierung war die Beziehung zu ihrem damaligen Lebensgefährten Walter Mauksch, mit dem sie einen gemeinsamen Sohn hatte. Mauksch arbeitete als Kantinenpächter in der früheren Luftkriegsschule in Dresden-Klotzsche, die seit Ende des Zweiten Weltkrieges von den sowjetischen Streitkräften genutzt wurde. Er war am Vortag unter dem Vorwurf verhaftet worden, für den amerikanischen Geheimdienst spioniert zu haben. Gemeinsam mit Walther Findeisen, Friedrich Hoffmann, Max Kokel und Ernst Weber wurde er am 11. Oktober 1949 in Dresden in einem gesonderten Prozess durch das Militärtribunal des Landes Sachsen wegen Militärspionage verurteilt.

Laut einem Verhörprotokoll der sowjetischen Staatssicherheit vom 5. Mai 1949 sagte Annemarie Bannack aus, im Januar 1949 während eines Treffens in ihrer Wohnung in Klotzsche von Ernst Weber die Aufgabe erhalten zu haben, die Anzahl von sowjetischen Panzern, Bewegungen von Truppen und Daten sowjetischer Flugzeuge auszukundschaften. Weber und seine Mitverurteilten hatten in ihren Verhören angegeben, Annemarie Bannack sei bei den Gesprächen nur anwesend gewesen, habe selbst jedoch keine Informationen geliefert.

Ursächlich für ihre Verurteilung in einem separaten Verfahren war, dass sie sich gegenüber der sowjetischen Staatssicherheit zunächst bereit erklärt hatte, vermeintliche oder tatsächliche Agenten in ihrem Bekanntenumfeld auszuforschen. Sie erfüllte jedoch diesen Auftrag nicht, sondern erzählte Walter Mauksch umgehend davon und plante, mit ihm gemeinsam nach Westdeutschland zu fliehen.

Am 13. Februar 1950 wurde Annemarie Bannack deshalb per Fernurteil aus Moskau von der Sonderberatung des Ministeriums der Staatssicherheit der UdSSR (OSO MGB) nach Artikel 58-6 Abschnitt 1, Artikel 58-11 und Artikel 58-14 StGB der RSFSR zu zehn Jahren „Besserungsarbeitslager“ verurteilt. Ihr Sohn wurde in die Obhut ihrer Eltern gegeben. Sie selbst wurde in das Sonderlager Workuta (Retschlag) in der Sowjetunion deportiert. Auf der Grundlage einer Verfügung des Militärkollegiums beim Obersten Gericht der UdSSR vom 27. Dezember 1953 wurde Annemarie Bannack am 21. Januar 1954 vorzeitig aus der Haft entlassen.

Nach der Entlassung aus dem Lager lernte sie auf der Rückfahrt nach Deutschland Hans Stocklossa kennen, den sie nach der Übersiedlung in die BRD ehelichte. Nachdem ihr bekannt wurde, dass Stocklossa die Identität eines im Lager verstorbenen Häftlings angenommen hatte, trennte sich Annemarie Bannack von ihm.

In Westdeutschland arbeitete sie zunächst als kaufmännische Angestellte bei einem Verlag in Heidelberg. Später machte sie einen Lehrgang als medizinische Massagekraft in Bad Dürckheim a. d. Weinstraße.

Am 2. August 2001 rehabilitierte die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation Annemarie Bannack als Opfer politischer Repressionen. In einem Gutachten heißt es zur Begründung, die Verurteilung sei „ohne jeglichen Beweis dafür, dass sie eine konkrete Straftat begangen habe“ erfolgt.

Am 30. Oktober 2012 verstarb Annemarie Bannack in Kempten.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • BArch, MfS, HA IX/11 SMT
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 7ud-2565-50
  • RGWA, f. 461, d. 168102
  • Zentralarchiv des FSB (ZA FSB), P-441