„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*7.2.1929 (Bünauburg (heute Děčín OT Bynov)) | † 20.3.1952 (Moskau (Gefängnis Butyrskaja))

Friedrich Prautsch

Friedrich Prautsch, Passfotografie, undatiert, ZA FSB
Friedrich Prautsch, Porträtfotografie, Fotograf unbekannt, Universitätsarchiv der FU Berlin, DHfP-StudA, 780

Spionage für einen amerikanischen Nachrichtendienst, um in die USA auswandern zu dürfen


Der in Bünauburg, einem heutigen Stadtteil von Dečin, als Sohn des Fabrikanten Edgar Prautsch geborene Friedrich Prautsch geriet sechzehnjährig zunächst in amerikanische und später in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Nach der Entlassung absolvierte er in Dresden, wo seine Eltern, seine Schwester und seine Verlobte lebten, eine Ausbildung an der Fachschule für Wirtschaft und Verwaltung. Anschließend arbeitete er als Betriebsprüfer in Sachsen. Von Dezember 1949 bis Juni 1950 war er als Sachbearbeiter im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR in Berlin tätig. Zum Wintersemester 1950/51 schrieb er sich an der Deutschen Hochschule für Politik in West-Berlin ein.

Am 31. August 1951 wurde Friedrich Prautsch bei einem Besuch in der Wohnung seiner Eltern in Dresden durch Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit (MfS) festgenommen. In mehreren Vernehmungen gestand er, Informationen wirtschaftlichen, politischen und militärischen Charakters an einen amerikanischen Nachrichtendienst weitergegeben zu haben. Nach seinen in den Verhören gemachten Angaben besuchte er bereits im September 1948, noch während seiner Tätigkeit als Aspirant der Revisions- und Treuhandanstalt für die Sowjetische Besatzungszone (SBZ), in Berlin-Tempelhof eine amerikanische Dienststelle, um die Möglichkeit zu klären, in die Vereinigten Staaten (USA) auszuwandern. Die Mitarbeiter versprachen ihm, im Gegenzug für einige Informationen zu volkseigenen Betrieben in der DDR dabei behilflich zu sein. So begann seine Tätigkeit für das Office of Special Investigations (OSI). In der Folge lieferte er unter anderem Abschriften von Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustkonten.

Im Dezember 1949 wechselte Friedrich Prautsch in die wirtschaftspolitische Abteilung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der DDR. Von dort lieferte er Informationen über Mitarbeiter des Ministeriums und über deren sowie über Passangelegenheiten. Im Weiteren erhielt er den Auftrag, Informationen über den Dresdner Flugplatz Klotzsche, über Einheiten der Volkspolizei in Dresden und über die sowjetischen Besatzungstruppen zu sammeln. Außerdem lieferte er Zeitungen, politische Witze und Stimmungsberichte aus der DDR. Im Rahmen seiner Tätigkeit vermittelte er weitere Bekannte für eine Zusammenarbeit mit dem OSI. Durch seine Aussagen beim MfS belastete er zahlreiche weitere Personen, die mit ihm in Kontakt gestanden hatten. Für seine Tätigkeiten habe er nach eigenen Angaben insgesamt 700 DM vom OSI erhalten.

Am 12. September 1951 übergab das MfS Friedrich Prautsch an die sowjetische Staatssicherheit. Nach vier Monaten Untersuchungshaft verurteilte ihn das Militärtribunal der Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland (Feldpostnummer 48240) gemeinsam mit Heinz Just am 24. Dezember 1951 in Dresden auf der Grundlage von Artikel 58-6, Abschnitt 1 (Spionage) und Art. 58-11 (konterrevolutionäre Gruppenbildung) des StGB der RSFSR zum Tod durch Erschießen. Die beiden Mitangeklagten Günter Ferber und Hermann Röllig wurden zu Haftstrafen verurteilt. Friedrich Prautsch bat am selben Tag, an Heiligabend, in einem Gnadengesuch um die Umwandlung in eine Haftstrafe. Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR lehnte seine Begnadigung am 18. März 1952 ab. Das Todesurteil wurde am 20. März 1952 im Butyrka-Gefängnis in Moskau vollstreckt. Ein Massengrab auf dem Friedhof Donskoje in Moskau wurde zur letzten Ruhestätte.

Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Friedrich Prautsch am 15. Dezember 1998 als Opfer politischer Repressionen.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • BArch, MfS, AOP 68/52; AU 120/56
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, K-97234
  • Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF), f. 7523, op. 76a, d. 81
  • Universitätsarchiv der Freien Universität Berlin, DHfP-StudA, 780

Veröffentlichungen

  • "Erschossen in Moskau ..." Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950-1953, hrsg. von Arsenij Roginskij, Frank Drauschke und Anna Kaminsky, 3. Auflage, Berlin 2008, S. 348
  • Jochen Staadt, Hingerichtet und vergessen. Erst jetzt klärt sich das Schicksal von zehn verschollenen FU-Studenten, in: Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat 17 (2005), S. 104-110