„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*20.6.1919 (Dresden-Klotzsche) | † 6.11.1951 (Bautzen I)

Gottfried Hänsel

Gottfried Hänsel, Porträtfotografie, undatiert, Privatbesitz, zur Verfügung gestellt von Heiko Hänsel
Gottfried Hänsel, Fotografie von der Haftkarteikarte, Historische Sammlung Gedenkstätte Bautzen

Die Suche nach seinem verschleppten Vater wurde ihm zum Verhängnis


Gottfried Hänsel wuchs als ältester Sohn des Pfarrers Dr. Hugo Hänsel und dessen Ehefrau Charlotte, geborene Gedat, in Dresden auf. Er absolvierte eine Ausbildung zum kaufmännischen Angestellten.

Während des Zweiten Weltkrieges diente er sowohl an der Ost- als auch an der Westfront. Er litt an einem angeborenen Herzfehler, der sich durch den Kriegsdienst verschlechterte. Nach Kriegsende begann er ein Studium der Volkswirtschaft.

Sein Vater, Pfarrer der Kirchgemeinde Weißer Hirsch in Dresden, wurde nach einer Denunziation angeblich abfälliger Äußerungen über die sowjetische Besatzungsmacht am 20. Januar 1947 in Dresden von einem sowjetischen Militärtribunal verurteilt. Kurz vor seiner Entlassung aus dem sowjetischen Speziallager Sachsenhausen wurden seine Ehefrau Charlotte und seine Söhne Gottfried und Manfred am 19. Dezember 1949 im Pfarrhaus Weißer Hirsch festgenommen. Charlotte Hänsel und Sohn Manfred wurden nach einigen Tagen Untersuchungshaft entlassen. Manfred Hänsel floh umgehend nach West-Berlin.

Gottfried Hänsel wurde in das Gefängnis Bautzner Straße überführt. Ihm wurden die Verbindung zu einer Spionageorganisation und der Besitz westlicher Zeitschriften vorgeworfen. Tatsächlich hatte er, um die Freilassung seines Vaters zu erwirken, Kontakt zur Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KgU) in West-Berlin aufgenommen. Diese veröffentlichte Informationen zur Verhaftung und Verurteilung von Dr. Hugo Hänsel.

Nach zwei Monaten Untersuchungshaft verurteilte das Militärtribunal der 1. Garde-Mechanisierten Armee (Feldpostnummer 08640) Gottfried Hänsel am 28. Februar 1950 in Dresden auf der Grundlage von Artikel 58-10, Abschnitt 2 (antisowjetische Propaganda) des StGB der RSFSR zu zehn Jahren Haft in einem „Besserungsarbeitslager“. Die Haftstrafe verbüßte Gottfried Hänsel bis zu seinem Tod am 6. November 1951 in der DDR-Strafvollzugsanstalt Bautzen. Auf der Haftkarteikarte der Abteilung Strafvollzug der DDR-Volkspolizei ist als Todesursache Herz-Kreislauf-Versagen infolge eines Herzklappenfehlers angegeben.

Am 7. November wurden die Angehörigen benachrichtigt und das Standesamt Dresden mit der Beurkundung des Todes beauftragt. Einen Tag später wurde der Leichnam in das Krematorium Görlitz überführt. Die Familie erhielt die Urne mit den sterblichen Überresten Gottfrieds erst 1957 zur Bestattung ausgehändigt. Entgegen der Anweisung der DDR-Behörden, die Urne an Gottfrieds Wohnort Dresden beizusetzen, ließ sein Vater Hugo Hänsel die Urne nach Oberlichtenau in seine neue Pfarrstelle überführen. Das Familiengrab, in dem auch Hugo und Charlotte Hänsel beigesetzt sind, existiert bis heute. Mitglieder der evangelisch-lutherischen Gemeinde Lichtenau pflegen es im Auftrag der Nichte Gottfried Hänsels.

Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Gottfried Hänsel am 7. Mai 2003 als Opfer politischer Repressionen.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, K-518967; 5ud-327-06
  • Justizvollzugsanstalt Bautzen, 5190