*2.12.1919 (Berlin) | † 29.7.1952 (Moskau (Gefängnis Butyrskaja))
Hellmuth Wischniewski
Wegen Zusammenarbeit mit der KgU hingerichtet
Der in Berlin geborene Hellmuth Walter Wischniewski diente seit 1938 als Matrose bei der Kriegsmarine. Nach Ende des Zeiten Weltkrieges war er bis Januar 1946 in französischer Kriegsgefangenschaft. Der gelernte Tischler war verheiratet, seit 1947 Mitglied der SED, wohnte in Pirna und arbeitete dort als Modelltischler bei "LBH Cyklop Pirnaer Sägewerk und Eisengießerei VEB Pirna/Elbe".
Am 9. September 1951 wurde Hellmuth Wischniewski in Pirna unter dem Vorwurf der „Mitgliedschaft in einer antisowjetischen Gruppe“ und der „Planung eines bewaffneten Aufstandes“ verhaftet. In der Entscheidungsvorlage des Obersten Gerichts der UdSSR zur Ablehnung seines Gnadengesuches wird ausgeführt, dass er im März 1951 durch seinen Arbeitskollegen Rudolf Beichling dessen älteren Bruder Hans kennengelernt habe. Aus Unzufriedenheit mit der Politik in der DDR habe er sich im Mai 1951 von Rudolf Beichling zur Spionage anwerben lassen. Im selben Monat lernte er Günter Malkowski kennen, der für die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KgU) tätig war. Er soll diesem Informationen übergeben haben, beispielsweise über die Anschaffung von 100 neuen Motorrädern der Polizei in Zeithain und über die Produktion von Bauteilen für Panzer, die im Werk „Cyklop“ hergestellt wurden. Bei einer Durchsuchung seien zwei Briefe von Günter Malkowski bei ihm gefunden worden. Außerdem habe er einen Bekannten für die Spionagegruppe, die den KgU-Decknamen „Anna“ erhalten habe, geworben.
Hellmut Wischniewski soll bei drei Treffen der Gruppe „Anna“ anwesend gewesen sein und aktiv an der Planung einer Störungsaktion zum Jugendfest „Tag der Bergsteiger“ in der Sächsischen Schweiz teilgenommen haben. Dabei sollten angeblich Flugblätter verteilt und ein Banner gezeigt werden, das zum Kampf gegen die Sowjetunion und die DDR aufrief. Die geplante Aktion wurde jedoch nicht durchgeführt. Des Weiteren sollten die Mitglieder der Gruppe „Anna“ angeblich im Falle eines Krieges an einem Standort in der Sächsischen Schweiz aus der Luft von den Amerikanern mit Waffen versorgt werden, um an deren Seite gegen die sowjetischen Truppen zu kämpfen. Im Juni 1951 trat Hellmuth Wischniewski auf Vorschlag von Hans Beichling der „Unabhängigen Gewerkschaftsopposition“ (UGO), einer Westberliner Abspaltung vom kommunistisch dominierten Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB), bei.
Am 23. April 1952 verurteilte ihn das Militärtribunal der Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland (Feldpostnummer 48240) in Dresden nach Artikel 19-58-2 (Aufstand gegen bzw. Eindringen in die UdSSR), Artikel 58-6, Abschnitt 1 (Spionage), Artikel 58-10, Abschnitt 2 (antisowjetische Propaganda) und Artikel 58-11 (Mitgliedschaft in einer illegalen Gruppe) des StGB der RSFSR zum Tod durch Erschießen. Mitverurteilte im Prozess waren Hans Beichling, dessen Sohn Dieter Beichling und sein Bruder Rudolf Beichling sowie Otto Lorenz und Wolfgang Thamerus. Während der Gerichtsverhandlung erklärte Hellmuth Wischniewski: „Ich war mit der Politik der DDR nicht einverstanden, deshalb ging ich gern auf den Vorschlag von Rudolf Beichling zur Zusammenarbeit mit der KgU ein. Materielle Interessen hatte ich nicht. Meine gesamte Tätigkeit war das Ergebnis meiner politischen Ansichten und Beziehungen zur DDR und zu den sowjetischen Besatzungstruppen.“ Das Gnadengesuch Hellmuth Wischniewskis vom 24. Februar 1952 wurde am 27. Juli 1952 durch das Präsidium des Obersten Sowjets abgelehnt und die Todesstrafe am 29. Juli 1952 im Moskauer Butyrka-Gefängnis vollstreckt. Ein Massengrab auf dem Friedhof Donskoje in Moskau wurde zur letzten Ruhestätte.
Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Hellmuth Wischniewski als Opfer politischer Repressionen am 12. Oktober 2001.
Weitere Dokumente
- Biografie, Digitales Totenbuch: Donskoje 1950-1953, Facts & Files
- Hellmuth Wischniewski, Rehabilitierungsbescheid mit Übersetzung, Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 12. Oktober 2001
Quellen
- Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 7u-12681-52
- Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF), f. 7523, op. 76a, d. 101
Veröffentlichungen
- "Erschossen in Moskau ..." Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950-1953, hrsg. von Arsenij Roginskij, Frank Drauschke und Anna Kaminsky, 3. Auflage, Berlin 2008, S. 451
- Enrico Heitzer, "Affäre Walter". Die vergessene Verhaftungswelle, Berlin 2008, S. 87 f.