„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*28.12.1928 (Auerfliess / Tilsit)

Horst-Günther Schakat

Horst-Günther Schakat, Porträtfotografie 1948/49, Bildarchiv Gedenkstätte Münchner Platz Dresden / StSG
Horst-Günther Schakat, Haftkarteikarte Vorderseite, JVA Bautzen
Horst-Günther Schakat, Haftkarteikarte Rückseite, JVA Bautzen

Der letzte sowjetische Urteilsspruch am Münchner Platz Dresden


Der in Ostpreußen in einem dem Nationalsozialismus kritisch gegenüberstehenden Elternhaus aufgewachsene Horst-Günther Schakat war in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs als Luftwaffenhelfer unter anderem in der Region Leipzig und in Waren an der Müritz im Dienst. Bei Kriegsende kam er kurzzeitig in britische und amerikanische Kriegsgefangenschaft, und nach seiner Freilassung arbeitete er zunächst als Landarbeiter bei Gifhorn. Da seine Mutter mit seinen jüngeren Geschwistern als Kriegsflüchtlinge in Lommatzsch untergekommen war, wechselte Schakat im Herbst 1947 in die SBZ.

In einem Nachbardorf von Lommatzsch begann er eine Tätigkeit als Neulehrer, erkrankte jedoch an Tuberkulose. Nach seiner Genesung siedelte er nach Dresden-Loschwitz über und arbeitete an der dortigen Klinikschule wieder als Lehrer. Hierdurch konnte er zudem ein Lehramtsstudium an der Technischen Hochschule Dresden beginnen. 1950 heiratete Schakat.

Schon in der Jugend politisch interessiert, trat er im September 1949 der LDP bei und wurde kurz darauf im Januar 1950 Vorsitzender des örtlichen Jugendbeirats. Hierbei entwickelte Schakat jedoch schnell eine kritische Einstellung gegenüber der LDP, die immer mehr ihrer politischen Eigenständigkeit beraubt und zu einer Erfüllungsgehilfin der herrschenden kommunistischen Partei degradiert wurde. Er stellte Kontakt zu den Ostbüros von SPD und FDP in West-Berlin her und erhielt bei einem dortigen Aufenthalt Informationsmaterialien sowie antikommunistische Flugschriften, die er unter Gleichgesinnten verteilte.

Hierdurch geriet er ins Visier der Staatssicherheit. Bei der Rückkehr von einem Berlinbesuch wurde Schakat am 2. Mai 1950 auf dem Bahnhof Dresden-Neustadt durch Beamte des MfS verhaftet. In seinem Gepäck fanden diese antisowjetische Flugschriften. Am Folgetag wurde er dem sowjetischen Geheimdienst übergeben und der Untersuchungshaftanstalt an der Bautzner Straße zugeführt. Schon am 28. Juni 1950 fällte das SMT der 1. Garde-Panzerarmee (Feldpostnummer 08640) auf Grundlage des Artikels 58-10, Abschnitt 2 (antisowjetische Propaganda) des StGB der RSFSR am Münchner Platz in Dresden das Urteil. Schakat erhielt 25 Jahre Haft in einem „Besserungsarbeitslager“. Dies ist zugleich das letzte bekannte Urteil eines sowjetischen Militärgerichts, das am Münchner Platz ausgesprochen wurde.

Anschließend wurde Schakat am 26. Juli 1950 in die Haftanstalt Bautzen I verlegt. Während seiner dortigen Haft erkrankte er erneut an Tuberkulose. Am 18. Januar 1954 wurde er aus der Haft in Richtung Berlin-Wilmersdorf entlassen.

Im Westen begann er ein Studium der Volkswirtschaft, 1961 promovierte er. Von 1977 bis 1998 lebte Schakat in den USA und war dort als selbstständiger Vermögensberater tätig. Für seinen Ruhestand kehrte er nach Deutschland zurück.

Horst-Günther Schakat wurde von der Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation am 15. Januar 1999 als Opfer politischer Repressionen rehabilitiert.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 7uk-100139
  • Justizvollzugsanstalt Bautzen, 7210

Veröffentlichungen

  • Birgit Sack/Gerald Hacke, Verurteilt. Inhaftiert. Hingerichtet. Politische Justiz in Dresden 1933-1945 | 1945-1957, Dresden 2016, S. 230 f.