„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*6.1.1920 (Schlaupe / Schlesien) | † 9.7.2008 (Meitingen)

Konrad Brettschneider

Konrad Brettschneider, Foto aus der Haftakte, BArch, MfS, Abt. XII/RF/354

Aufgrund enger Kontakte zur FDP verurteilt


Konrad Brettschneider wuchs in einem streng protestantischen Elternhaus auf. Trotz geringer finanzieller Mittel der Familie, die seit 1928 in Markersdorf bei Görlitz lebte, legte er 1938 das Abitur am humanistischen Gymnasium in Görlitz ab. Aufgrund der restriktiven Hochschulpolitik im Nationalsozialismus, in der Männer nach abgeleistetem Wehrdienst bevorzugt ein Studium beginnen konnten, trat Brettschneider im November 1938 der Wehrmacht bei, mit dem Ziel, später Forstwirtschaft zu studieren. Seit Kriegsbeginn war er vornehmlich in Osteuropa und im Baltikum im Einsatz und bekleidete bei Kriegsende den Rang eines Oberleutnants bei der Sturmartillerie. Aufgrund seiner Verdienste erhielt er hohe militärische Auszeichnungen. Der sowjetischen Kriegsgefangenschaft konnte er sich entziehen und kehrte nach Markersdorf zurück.

Brettschneider, seit 1944 verheiratet und Vater zweier Kinder, begann eine Elektromechanikerlehre und trat im November 1945 der LDP bei. Er war sehr aktiv in der Parteiarbeit der LDP-Ortsgruppe Görlitz sowie bei der Gründung weiterer Ortsgruppen im Kreis beteiligt. Ab dem Frühjahr 1946 war er hauptamtlich für die LDP tätig und wurde am Ende desselben Jahres zu deren Vorsitzenden im Kreisverband Weißwasser-Görlitz gewählt. Seit Mitte 1947 haderte er mit der „Demokratisierung“ unter sowjetischer Ägide, was eine zunehmende Desillusionierung und Frustration seinerseits mit sich brachte. Dies fand auch in sich häufenden Auseinandersetzungen mit den örtlichen Verantwortlichen der SMAD und der SED Ausdruck. In dieser Phase nahm Brettschneider Kontakt mit der FDP in West-Berlin auf und tauschte sich zunehmend mit anderen unzufriedenen LDP- und CDU-Mitgliedern in seinem Umfeld aus.

Auf dem Rückweg von einem seiner FDP-Besuche in West-Berlin wurde Brettschneider am 30. Dezember 1948 auf dem Bahnhof in Weißwasser von sowjetischen Sicherheitsorganen verhaftet. Während der Überführung in die Untersuchungshaft gelang ihm zunächst die Flucht, wobei er jedoch eine Schusswunde erlitt. Schon am darauffolgenden Tag wurde er erneut in Muskau verhaftet und für mehrere Tage in die sowjetische Untersuchungshaftanstalt Bautzen II gebracht. Daran schloss sich eine mehrmonatige Untersuchungshaft im Gefängnis der sowjetischen Geheimpolizei in der Bautzener Straße in Dresden an. Am 18. Februar 1950 verurteilte ihn das SMT der 1. Garde-Panzerarmee (Feldpostnummer 08640) am Münchner Platz in Dresden in einem Gruppenprozess, in dem auch andere politische Oppositionelle aus seinem Umfeld angeklagt waren, auf Grundlage der Artikel 58-6, Abschnitt 2 (Spionage), Artikel 58-10, Abschnitt 2 (antisowjetische Propaganda) und Artikel 58-11 (Mitgliedschaft in einer konterrevolutionären Organisation) StGB der RSFSR zu 25 Jahren Haft in einem „Besserungsarbeitslager“. Brettschneider wurde daraufhin in die Strafvollzugsanstalt Bautzen I und nach seiner Beteiligung am dortigen Hungerstreik im August 1950 in die Strafvollzugsanstalt Brandenburg-Görden verlegt. Seine Entlassung erfolgte am 31. Mai 1956.

Konrad Brettschneider siedelte nach der Haftentlassung mit seiner Familie in die Bundesrepublik über, wo er in die Bundeswehr eintrat. 1976 ging er im Rang eines Oberstleutnants als Kommandeur des Verteidigungskreises 613 in Augsburg in den Ruhestand. Am 17. November 1994 rehabilitierte ihn die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation als Opfer politischer Repressionen. Brettschneider verstarb 2008 in Meitingen.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • Archiv der sozialen Demokratie (AdsD), Liste SPD vom 18.9.2000
  • BArch, MfS, Abt. XII/RF/354
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 5u-822-94

Veröffentlichungen

  • Konrad Brettschneider, Politisches Leben in der Nachkriegszeit, o. O., o. D.
  • Ronny Kabus, "... weine ich täglich um meinen Vater". In der Gewalt Stalins und der SED, 2. neu bearb. u. erw. Auflage, Norderstedt 2016