„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*9.8.1906 (Leipzig) | † 15.5.1953 (OserLag (Taischet/Sonderlager Nr. 7))

Rudolf Steiniger

Rudolf Steiniger, Passfotografie aus dem Werksausweis des Kombinates Böhlen, ZA FSB
Rudolf Steiniger, Porträtfotografie, undatiert, Privatbesitz

Verhaftet in Leipzig – gestorben in Taischet


Der gebürtige Leipziger Rudolf Steiniger erlernte den Beruf des Handlungsgehilfen. Seit 1. April 1932 war er mit Helene Meinel verheiratet, die Ehe blieb kinderlos. Von 1939 bis Kriegsende diente Rudolf Steiniger, der Mitglied der NSDAP war, in der Wehrmacht, zuletzt in Frankreich im Rang eines Stabsgefreiten. Nach Kriegsende war er bis Juli 1945 in amerikanischer Kriegsgefangenschaft. Seit dem 23. August 1945 arbeitete er als Lagerverwalter im Benzinwerk Böhlen, das später in eine Sowjetische Aktiengesellschaft (SAG) umgewandelt wurde.

Im Herbst 1951 geriet Rudolf Steiniger im Zuge der „Affäre Walter“ ins Visier der sowjetischen Sicherheitsorgane. Im September 1951 hatte der frühere Mitarbeiter der Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KgU) Hanfried Hieke (Deckname „Fred Walter“) der sowjetischen Geheimpolizei alle ihm bekannten Operationen, Quellen und Kontakte preisgegeben.

Am 19. Oktober 1951 um 17:16 Uhr wurde Rudolf Steiniger vor seiner Wohnung auf Anweisung der sowjetischen Staatssicherheit von Angehörigen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR festgenommen und zunächst in die MfS-Untersuchungshaftanstalt in Leipzig eingewiesen. Später übergab ihn die DDR-Staatssicherheit den sowjetischen Sicherheitsorganen.

Rudolf Steiniger wurde vorgeworfen, von dem KgU-Agenten Max Lägel, den er während des Sommerurlaubs 1951 kennengelernt hatte, zur Sabotage im Benzinwerk Böhlen angestiftet worden zu sein, was er jedoch abgelehnt habe. Seine Ehefrau wurde für den 26. Januar 1952 zum Verhör in das sowjetische Untersuchungsgefängnis Bautzner Straße Dresden bestellt. Sie gab dabei zu, Flugblätter im Hause gesehen zu haben, die sie jedoch vernichtet habe.

Während der Verhandlung vor dem Militärtribunal der Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland (Feldpostnummer 48240) in Dresden gestand Steiniger, von der Verbindung Max Lägels, zur KgU gewusst und ihm Informationen über sowjetische Truppen, über die DDR-Transportpolizei sowie über SED-Funktionäre übergeben zu haben. Im März 1951 habe er selbst die KgU in Westberlin aufgesucht und sich mit der Schaffung einer Untergrundorganisation in Leipzig einverstanden erklärt. Man habe ihm Flugblätter zur Verbreitung sowie 15 Ampullen mit einer stinkenden Flüssigkeit zur Auflösung von Versammlungen der SED ausgehändigt.

Am 5. März 1952 verurteilte ihn das Militärtribunal nach Artikel 58-10, Abschnitt 2 (antisowjetische Propaganda) StGB der RSFSR gemeinsam mit Kurt Bergner, Gerhard Ehrlich, Alfred Gottschling, Johann Jendrzitza, Herbert Kohl, Max Lägel, Harry Lange, Siegfried Lange, Erich Mocker, Harry Rauschenbach, Heinrich Volkmar und Franz Wichtrey zu einer Zeitstrafe von zehn Jahren Freiheitsentzug in einem „Besserungsarbeitslager“. Max Lägel wurde zum Tod durch Erschießen verurteilt, sein Gnadengesuch wurde vom Präsidium des Obersten Sowjets am 20. Juni 1952 abgelehnt und das Urteil am 26. Juni 1952 in Moskau vollstreckt.

Rudolf Steiniger gab in der Verhandlung an, er habe von den Mitverurteilten lediglich Max Lägel gekannt. Nach der Verurteilung wurde er in das Sonderlager Nr. 7 in Taischet (Oserlag/Seelager) verbracht, wo er am 15. März 1953 verstarb.

Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Rudolf Steiniger am 17. Mai 1994 als Opfer politischer Repressionen.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • Auswärtiges Amt, 506/544.10/2002
  • Dokumentationsstelle Dresden, Sammlung Heini Fritsche
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 5uw-39387-51
  • RGWA, Kopie Karteikarte
  • Zentralarchiv des FSB (ZA FSB), P-1026