„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*15.3.1931 (Berlin)

Wolfgang Mühlfriedel

Wolfgang Mühlfriedel, Haftkarteikarte, Rückseite, JVA Brandenburg
Wolfgang Mühlfriedel, Haftkarteikarte, Vorderseite, JVA Brandenburg
Wolfgang Mühlfriedel, Fotografie von der Haftkarteikarte, JVA Brandenburg

„An die Freunde übergeben“


Wolfgang Mühlfriedel wuchs in Zwickau auf, wo er 1944 die Volksschule abschloss. Anschließend arbeitete er drei Jahre im Geschäft seines Vaters in Schleswig, bis er 1947 nach Zwickau zurückkehrte, um dort zunächst die Wirtschafts- und Handelsschule zu absolvieren und im Anschluss die Gerhard-Hauptmann-Oberschule zu besuchen.

An der Oberschule lernte Mühlfriedel Dieter Danger kennen, zu dem er ein freundschaftliches Verhältnis entwickelte. Sie sprachen oft über das politische System in der noch jungen DDR, vor allem über den offenkundigen Widerspruch zwischen den in der Verfassung garantierten Rechten und der Realität. Ihre wachsende Unzufriedenheit bewegte sie im September 1950 zu dem Entschluss, nach West-Berlin zu reisen, um dort Informationsmaterialien und Flugblätter zu beschaffen, die sie im Vorfeld der ersten Volkskammerwahl der DDR in Zwickau verteilen wollten.

Diesen spontanen Einfall setzten beide mit einer dritten, bisher nicht näher bekannten Person am 22. September 1950 in die Tat um und fuhren mit dem Zug nach Berlin. Dort suchten sie verschiedene Institutionen auf, von denen sie hofften, das gewünschte Material zu erhalten. Hierbei trat Mühlfriedel unter anderem aufgrund seiner besseren Englischkenntnisse als Sprecher der Gruppe auf, wobei er – wohl in jugendlicher Unbedarftheit – ganz offen persönliche Informationen zu sich und seinen Begleitern preisgab. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, die Broschüren und Flugblätter zu erhalten, waren sie beim RIAS und bei der KgU erfolgreich. Mit Flugblättern und verschiedenen Broschüren ausgestattet, reisten sie am 24. September nach Zwickau zurück. Am Abend des folgenden Tags wurden sie, als sie die Schriftstücke verstecken wollten, vor der Wohnung Dangers durch die Volkspolizei verhaftet. Bei der Verhaftung sowie der folgenden Wohnungsdurchsuchung wurden vier Raketen, 500 Flugblätter mit dem Titel „Stalins ergebenste Diener“, 41 Broschüren mit dem Titel „Der Freiheitskampf gegen Stalins Fremdenlegionäre“ sowie weiteres Propagandamaterial beschlagnahmt.

Mühlfriedel und Danger wurden nach der Vernehmung durch die Kriminalpolizei am 6. Oktober 1950 an die sowjetische Geheimpolizei („Freunde“) übergeben und kamen nach Dresden in das sowjetische Untersuchungsgefängnis in der Bautzner Straße. Hier verurteilte sie das SMT der 1. Gardepanzerarmee (Feldpostnummer 08640) am 29. Januar 1951 auf Grundlage des Artikels 58-10, Abschnitt 2 des StGB der RSFSR (antisowjetische Propaganda) zu 25 Jahren Haft in einem „Besserungsarbeitslager“. Mühlfriedel verbüßte diese Strafe zunächst in der Strafvollzugsanstalt Bautzen I, ab November 1952 in der Strafvollzugsanstalt Brandenburg-Görden. Aus dieser wurde er am 17. Januar 1954 zurück nach Zwickau entlassen.

Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Wolfgang Mühlfriedel am 14. November 1997 als Opfer politischer Repressionen.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • BArch Berlin, DO1/32.0/39739Jan54; DO1/32.0/397
  • BArch, MfS, BV KMSt AU 354/53
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, K-97196
  • Justizvollzugsanstalt Brandenburg, 7/4237/52